Claras Allerleiweltsgedanken

Ich sehe gern Musik

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Clara geht mit kindlichen Augen ins Konzert

Das “ sehe“ ist kein Schreibfehler. Ich meine damit keine Fernsehsendungen wie Musikantenstadl oder ähnliche. Ich meine wirkliche Konzerte, genauer gesagt, Sinfoniekonzerte, möglichst mit großer Besetzung.
Da meine Ohren nicht nur beim Verstehen, sondern auch bei Musik Probleme machen, verlasse ich mich beim Konzertbesuch viel auf meine Augen. Ich beobachtete:
Bevor ich die ganze -isten oder -istinnen-Parade wie Violin-, Bratsch-, Cell-, Bass-, Flöt-, Klarinett-, Horn-, Posaun- und Fagottisten usw. usf. aufzähle, werde ich bei der Geschichte beim Instrument bleiben, denn bei Tubisten, Oboisten und Paukisten  bin ich mir sprachtechnisch nicht so sicher.

Was bietet sich also einer Konzertbesucherin aus dem 1. Rang?
Die Geigen, Bratschen und Celli, gewissermaßen die kleinen Streicher,  sitzen alle kerzengerade auf ihren Stühlen, den Kopf schräg auf ihrem Instrument abgelegt, ihre Körper wiegen sich  im Takt der Musik.

Doch halt, da geigt doch einer gegen den Strich, nicht akustisch, sondern optisch. Ein Linkshänder mit einer Links-Geige, ein äußerst seltener und doch recht kurioser Anblick. Ein ganz klein wenig stört er das gemeinsame nach links oder rechts aller Bögen – aber eben nur ein ganz klein wenig.
Die Besitzer der Bässe hingegen machen mitunter einen schwächelnden Eindruck – sie lehnen sich gegen ihr Instrument, als müssten sie sich von der schweren Schlepperei ausruhen.
Die Holzbläser (Klarinette, Flöte, Fagott mit ihrem König, dem Kontrafagott) haben an ihren Notenständern eine Extraablage befestigt, auf denen liegen viele weiße Blättchen herum, an denen sie immer wieder mal lutschen, es befeuchten, dann gegen das schon nass-gesabberte austauschen – damit sind die Damen und Herren richtig beschäftigt. Zum Glück  hören sie trotzdem auf das, was ihnen der Dirigent auf diskrete Art und Weise zu verstehen gibt.
Um die (Wald)hörner und die Posaunen herum muss das Parkett  besonders wasserfest versiegelt worden sein, denn diese kleinen Ferkelchen spucken offensichtlich zu sehr in ihre Instrumente. Jedenfalls sah ich, wie sie immer mal Teile abschraubten, umdrehten und ausschütteten. Offensichtlich ist das vollkommen normal, denn alle machten es.

Die Trompeten feuchteten auch ein wenig, aber sie blieben ziemlich ruhig (außer akustisch), wechselten keine Mundstücke, keine Teile und kein Instrument.
Den Pauker – hä, ist der  Lehrer? Oder heißt er doch Paukist – bewunderte und bedauerte ich gleichermaßen. Ein richtiger Schlagzeuger ist er nicht, dazu fehlt ihm der ganze andere Kram – er begnügt sich mit drei großen Pauken. Ob sie ihn damit in die U-Bahn lassen? Braucht er extra einen LKW als Dienstauto? Hat er noch Freunde in  seiner Wohnumgebung?
Wenn er sich für die richtigen Schlegel entschieden hatte, haute er mächtig auf die Pauke – ja, ohne Übertreibung. Aber, als ob es ihm gleich unmittelbar darauf wieder leid täte, machte er den Nachklang seines Handelns gleich wieder zunichte, indem er die Hand auf das Fell legte. – Ob der Dirigent das so will? Schade! Der Klang war so schön, besonders von der größten, die er allerdings am meisten geschont hat. Wahrscheinlich war es die teuerste. Die hätte er meinetwegen gern länger nachklingen lassen – vielleichgt hätte das  dann die anderen irritiert.
Doch am meisten hat mir folgendes gefallen. Nach der Pause wurde Mr. Beethoven zu den Akten gelegt und ein neuer Komponist durfte zeigen, dass er ein schönes Stück geschrieben hat. Der Herr Pauker bekam Verstärkung – dachte ich. „Vielleicht wechseln die sich jetzt ab, oder der eine paukt auf den zwei Kleinen herum und der andere bekommt die Große zum bepauken.“
Doch nein, plötzlich steht dieser erwachsene Mann auf und hat dieses winzige Metalldreieck und ein Metallstöckchen in der Hand, eine Triangel. Das finde ich immer zu schön, wenn ein Musiker den halben Abend im Orchester rumsitzen muss, um ca. 6x auf das Triaangelchen schlagen zu dürfen. Ist so ein Musiker nicht wegen Mindereinsatz depressionsgefährdet? Wäre das nichts für ein Musiker-Kind, das sowieso auf seine Mama oder seinen Papa warten muss, bis die fertig sind?

Doch nun, Scherz beiseite – es war ein wunderschönes Konzert. Es war für mich auch deswegen so besonders, weil das Hartz IV-Einkommen in keiner Rubrik Konzertkarten o. ä. berücksichtigt. – Hier war das mal anders. Danke!

Als besonderes Instrument kommt jetzt noch das Klavier,  in diesem Fall natürlich ein Flügel, in die Geschichte spaziert. Zum Glück bin ich nicht in einem Pop-Konzert und der Flügel ist schwarz. Bei einem weißen kommen ja immer gleich Putzgedanken auf, denn die werden doch so schnell schmutzig. Ob sich die Herren Pianisten und Damen Pianistinnen auch immer schön davor die Hände waschen, damit die weißen Tasten nicht nah einiger Zeit aussehen wie ihre kleineren Geschwister?

Schade, dass die den Deckel hochgeklappt haben, denn so glänzend wie das Instrument ist, könnte ich glatt von oben sehen, ob meine Frisur auch sitzt. Schließlich schwebe ich fast über dem Flügel, weil ich mich immer so weit über die Brüstung beuge.

So, und jetzt bekommt der Pian-ist (siehe oben die ganze -istenparade) sein Zeichen. Anfangs wirkt er, als wenn er seine Strecke auf den Tasten vergessen hat. Lange überlegt er, welchen Weg er einschlagen soll und bewegt sich mehr oder weniger auf der Stelle. Dann trennen sich seine Hände – die eine marschiert nach links und die andere nach rechts, ich könnte natürlich auch sagen, die eine will tiefe und die andere Hand hohe Töne spielen und dann  hören. Aber das scheint den Händen nicht zu gefallen. Ganz schnell sind sie wieder beieinander und marschieren vereint in die gleiche Richtung. Erstaunlich, wie schnell der seine Finger bewegen kann – der macht bestimmt jeden Tag Finger-Yoga oder Finger-Gymnastik.

Das lasse ich mir so eine ganze Weile gefallen und lehne mich entspannt zurück. Doch halt, aus einem Augenwinkel heraus sehe ich, dass er sich jetzt verheddert hat. Hat er den falschen Befehl bekommen? Auf jeden Fall spielt er jetzt überkreuz – na, das geht ja mal schon gar nicht. Bis zu welchen Höhen und gleichzeitigen Tiefen will er denn da mit seinen Händen kommen, bevor er sich die Luftzufuhr absperrt?

Das scheint er – Gott sei Dank – zeitig genug mitzubekommen und auf einen deutlichen Wink des Herren mit dem Stock / Stöckchen pfeift er seine rechte Hand zur Raison und beordert sie wieder auf die ihr zustehenden Tasten.

Ganz schön schweißtreibend, solch ein langer Einsatz. Was die einen an Feuchtigkeit in ihren Instrumenten fabrizierten, das perlte auf seiner Stirn. Der etwas größere Junge neben ihm, der seine Noten auf ein leichtes Kopfnickzeichen umblätterte, hätte doch gleich noch als Schweißwischer eingesetzt werden können. – Die sollten mich mal befragen, ich hätte da bestimmt noch ein paar Ideen.

Bei Frau Nachbarin gibt es noch ein Bild dazu.

Autor: Clara Himmelhoch

Auf meinem PR = purple Roller fahre ich durch die Bloggerwelt und mache PR = Public Relation. In meinem Gepäck habe ich fast täglich eine "Überraschung" für meine LeserInnen. Hausfrauentipps und -tricks als auch Koch- und Backrezepte müsst ihr wo anders suchen.

20 Kommentare zu “Ich sehe gern Musik

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  3. Barbara (beachte die volle Namensnennung), ich danke dir sehr für diese „freundliche Rezension“ – aber ich denke, es ist auch eine meiner besten Geschichten, die ich geschrieben habe.

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  4. Hallo, du, ich kann nur hoffen, dass du von diesem A…. nicht auch noch rotangestrichene Briefe zurückbekommen hast. – Streiche ihn, wenn du kannst, er ist es nicht wert. – Aber Konzert „gucken“ macht Spaß, das meine ich ganz im Ernst.
    Liebe Grüße von Clara

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  6. Konzert gucken, sehr schön. Gefällt mir!

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  7. nette Beschreibung 🙂

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  8. wunderbar geschrieben….bei dem ausschütten verzog ich angeekelt das gesicht- und ertappte mich dabei, das wie einen schulaufsatz zu lesen, nach meinem rotstift zu krabbeln- ohweia, wie furchtbar- aber irgendwann geht diese krankheit auch weg…
    als note hättest du eh ein „sehr gut“ bekommen:-)
    gruß von sonia

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    • „Frau Lehrerin“, wo wollten Sie denn bitte mit dem Rotstift welchen Fehler markieren?“
      Ach, so ganz richtig interessiert’s mich nicht, ich nehme das Gesamtprädikat mit Freuden zur Kenntnis und schicke die Lehrerin in den Osterurlaub.
      Um mich herum „pädagogt“ es ganz schön, in den Generationen, bei den Kommentatorinnen, bei den Freundinnen im echten Leben – und ganz kann und will ich mich dieser Tendenz bei meinen vielen Kinderbetreuungen auch nicht entziehen.
      Gruß von Clara

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      • im vorvorletzten abschnitt: vielleichgt
        im letzten satz: Hier was das mal anders!

        grins

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        • Ist das denn die possibility, diese Frau hat es wirklich gemacht. Toll!
          „was“ ist die englische Version von „sein“ , das „vielleichgt“ finde ich nicht mehr.
          Schade, dass man hier nicht wie bei Word mit Rechtschreibkorrektur schreiben kann. Ich rase über die Tasten – na eben, wie die rasende Clara. Da passiert das oft, vor allem um mitternächtliche Stunden herum.
          Aber den eigentlichen „Grammatikfehler“ (jetzt ausgebessert) streichst du nicht an. (Das Musikerkind wartete im Singular auf plurale Eltern in Form von Mutter und Vater)
          Schluss der Spitzfindigkeiten – schönen Tag noch und morgen gibt’s nicht viel zum Korrigieren, wenig Text.
          Meine Mutter hat tatsächlich auf einer Karte vom Enkel eine Rechtschreibkorrektur vorgenommen. Das geht auch mit 95 nicht aus dem Blut – du musst da nicht hoffen!!!!!
          Lieben Gruß von Clara

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  9. „Schlecht hören kann ich gut, doch gut sehen kann ich schlecht“ – das ist Clara, aber sie macht dazu meist gute Miene zum bösen Spiel.
    Mit Gruß von Clara

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  10. Ganz großartig geschrieben. So hab‘ ich das noch nie erlebt; du hast wirklich aufmerksam beobachtet.

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  11. Das ist ja schön beschrieben! Sage nie einem Hornisten, dass er ins Horn sabbert, das tut er beileibe nicht! Das ist nur Kondenswasser. Der Triangelspieler ist ein vollwertiger Schlagzeuger. Der kann auch Becken und Schellen und was ansteht. Ich muss auch mal Konzert gucken!

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    • Hallo, liebe podruga, wer so wie du gewöhnt ist, zu spielen, wird nicht unbeschwert „Konzert sehen“ können. Wenn, dann aber nur mit einem Linksgeiger, denn das war erstmalig in meiner Seherkarriere. – Und warum drehen dann die Streicher nicht ihre Intrumente um, wenn sich so viel Kondenswasser bildet. Oder stimmt das etwa wirklich. 1. April ist doch erst später.

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  12. Liebe Clara,
    ich bin grundsätzlich schon mehr Abend- als Morgenmensch, aber zur Zeit auch noch ein bisschen aus der Bahn und damit auch aus meinem Schlafrhythmus geworfen. Den Zeiger habe ich schon rasen lassen, erschreckend, wenn sich die Laptop-Uhr von selbst umstellt. Aber du hast recht, das Nachteulen ist unter Bloggern schon sehr beliebt 😉
    Alles Liebe und auch dir eine gute Nacht,
    Sunny

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  13. Liebe Clara,
    ein wunderbarer Bericht! Ich dachte erst, du meinst etwas anderes und wir wären uns da ähnlich. Denn ich höre Farben. Bzw. sehe Töne in Farben. Nicht immer. Aber doch immer wieder. Aber was du beschreibst, blieb mir bisher bei musikalischen Darbietungen, die mir gefallen haben, verwehrt. Denn dann schließe ich meist die Augen. Und sehe vor meinem inneren Auge. Wenn dabei allerdings zu Grelles entsteht, beobachte ich auch gerne. Allerdings bisher nie so ins Detail, wie du das beschreibst. Beim nächsten Mal versuche ich die Augen offen zu lassen.
    LG Sunny

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    • Mein Gott, die „Eulen“ scheinen bei den Bloggerinnen wirklich häufiger als die Lerchen zu sein – denn du bist ja auch noch wach! Wartest du auch auf den rasenden Zeiger, wenn er sich in einer Viertelstunde auf seinen Rundkurs macht?
      Da ich schon immer so einen gewissen Hang zur Satire hatte, habe ich auch früher schon Musik mehr gesehen als gehört.
      Das mit den Farben kann ich mir bei dir gut vorstellen. Am Tage schaue ich mich bei dir nochmal richtig um.
      Gute Nacht von Clara

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