Heute, wo sich so viele Leute mit den Gedanken an gute Vorsätze plagen, die sie dann nach einigen Wochen vergessen oder nicht erfüllen und sich dann eventuell in Gedanken wieder ein wenig plagen oder sorgen, fallen mir meine guten Vorsätze aus der Kindheit ein. Mein Gedächtnis ist ja nicht das allerbeste, und deswegen staune ich um so mehr, dass ich mich an einiges so deutlich erinnern kann.
Bei meiner Geburt waren meine Mutter 30, mein Vater 40 und mein Halbbruder 12 Jahre alt oder jung – für damalige Verhältnisse und im Vergleich zu meinen Klassenkameraden „unheimlich alt“, so zumindest jedenfalls muss ich es immer empfunden haben. Ich kann mich lebhaft erinnern – wurde ich je nach dem Alter meiner Eltern gefragt – beantwortete ich die Frage und setzte ungefragt hinzu: „Ich habe aber noch einen großen Bruder, der ist 12 Jahre älter als ich!“
Vorsatz 1: Du bekommst ziemlich jung deine Kinder – mit 23 und 25 Jahren bei den Entbindungen bin ich nach heutigen Maßstäben eine Frühgebärende, in der DDR jedoch näherte ich mich schon langsam der Grenze der „Spätgebärenden“. Ich finde das Alter auch heute noch okay.
Da ich ja meinen Vater weder erlebt noch gekannt habe, wurde er mir immer nur durch die Erzählungen meiner Mutter nahegebracht und durch die vielen Grabbesuche verleidet. Ich hatte bei ihren Erzählungen immer das Gefühl, dass ein nichtsahnendes, wenig wissendes und sehr unerfahrenes junges Mädchen einen bewunderten Alleskönner geheiratet hat und darüber so froh und glücklich war, dass es für ihn nie und nimmer, auch nicht für einen Tag oder einen richtigen Kuss, einen Nachfolger gegeben hat. Also erschien er mir wie ein Gott auf einem Thron.
Vorsatz 2: Du heiratest keinen Gott, sondern einen ebenbürtigen Partner, der maximal 5 Jahre älter ist. Vorsatz immer erfüllt. Der erste ernsthafte Anlauf war 5 Jahre älter, der Ehepartner vier Jahre, die Himmels-Liebe HL verfügte über 3 Jahre mehr Erfahrung und der klügste Mann in all meinen Beziehungen war gefühlte 10 Jahre schlauer, aber nur 4 Jahre laut Geburtsurkunde.
Mit meinem 9. Lebensjahr vergrößerte sich die Zahl meiner Erziehungsbeflissenen um zwei Personen – eine äußerst liebenswerte, aber vollkommen inkonsequente Oma, und eine altersmäßig besser zu mir passende Tante, deren Abneigung ich wohl gleich in der ersten Woche eroberte. Unsere Antipathie beruhte auf Gegenseitigkeit. Und diese Frau war fast so breit wie hoch, wie ich boshaft sagen würde.
Meine Abneigung gegen adipöse Menschen wurde durch meinen erlernten Beruf der Krankengymnastin weiter untermauert. Ein Schlüsselerlebnis: „Ich muss eine wahnsinnig dicke Frau massieren und ich ekle mich so, dass ich das Behandlungszimmer verlassen muss, sonst hätte ich ihr auf den Bauch gek…. .
Vorsatz 3 Du wirst nie im Leben richtig dick. Damals jonglierte man noch nicht mit dem BMI, aber die Marke 25 habe ich vielleicht in Schwangerschaftszeiten erreicht, sonst pendelte ich jahrelang um die 20 herum – also schon eher Modell „Hungerharke.“
Woher mein vierter Vorbehalt und der daraus resultierende Vorsatz kommt, kann ich nicht begründen. Auf jeden Fall heißt er:
Vorsatz 4: Du wirst nie im Leben richtig alt!
Jetzt könnte jeder von euch boshaft einwenden, dass ich diese „Wette“ bereits verloren habe. Sicherlich ändern sich Meinungen über das Alter mit den selbst steigenden Lebensjahren. Für Schüler waren die meisten Lehrer näher dem Grab als dem Leben. Ich komme aus einer Familie, wo alle uralt werden: 96, 95, 88. Das erschreckt mich mehr als dass es mich erfreuen würde, dass ich vielleicht auch so alt werden muss. Ich finde es nicht erstrebenswert, da ich ein unheimlich bewegungs- und technikorientierter Mensch bin, der jetzt schon ständig und immer seine Grenzen gezeigt bekommt. Lieber 70 gute Jahre als 90 erträgliche! Meiner Mutter geht es trotz ihres hohen Alters im Grunde genommen gut, und dennoch möchte ich nicht geschenkt wie sie leben wollen. Auf fremde Hilfe angewiesen, abhängig von Kindern, die diese Hilfe nicht wahnsinnig gern leisten wollen, Kommunikation nur noch äußerst schwierig in großer Lautstärke möglich, Geräusche produzierend, die die Umwelt nicht hören möchte usw. usf. – ich könnte die Liste noch fortsetzen. Ich will das nicht – notfalls muss ich ganz intensiv darum bitten oder beten. Aber jetzt erst einmal: