Claras Allerleiweltsgedanken

Früh übt sich, …

9 Kommentare

wer ein guter Finanzoptimierer werden will

(Da ich den Protagonisten meiner ersten zwei Donna-schreibt-Geschichten gestern nicht in der Puddingschüssel landen lassen wollte – bekommt er den heutigen Post gewidmet)

Wie jeden Sommer bereitete die Clara-Familie ihren Urlaub vor, wieder war Bulgarien das Ziel (Der Mastika schmeckt dort so gut, *grins*). Sollen alle Sachen von vier Personen für sechs Wochen in einen Wartburg Kombi passen, muss über jedes Stück gründlich nachgedacht und eventuell auch demokratisch (autoritär) diskutiert werden, denn Dachgepäckträger oder Gepäckboxen hätten den schnellen Ritt von Hannibal gebremst. Zeltzeug, Campingmöbel, Kochausrüstung und ähnliches mussten neben Schwimmflossen, Sonnencreme und ähnlichen notwendigen Sachen verstaut werden. Für die Packkünste war Hannes zuständig – Theres half ihm dabei mit mathematischer Logistik. Offensichtlich war das für sie gelebte Geometrie.

Kurz vor der Abfahrt bat Clemens seine Finanziers um einen „Kredit“. Die geforderte Summe erschien für einen Zehnjährigen ungewöhnlich hoch. Das Bankkonsortium kannte jedoch sein besonderes feeling für Geld – also stimmte es der Sache zu und betrachtete es als „Frühkindliches Experiment im Umgang mit größeren Finanzmitteln“. Die Hausbank wäre durch den Verlust dieser Summe (ca. 100,00 Mark) nicht ernsthaft in den Ruin getrieben worden bzw. hätte sie notfalls auf die Spareinlagen des Klienten zurückgreifen können.

Die letzten Tage war zu beobachten, dass der Filius  eifrig in seinen Münzalben blätterte, Münzen entnahm und Listen aufstellte. Seit der ersten Auslandsreise sammelte er die Münzen aller Länder. Der Länder, die von Hannibal erobert werden durften, und auch die der anderen.

In jedem Ort, der zu einem kürzeren oder längeren Aufenthalt einlud, zog es Clemens eifrig an diese Kioske, die Sachen ausliegen hatten, die jedes DDR-Kinderherz höher schlagen ließen. Jedes Mal kam er mit einem relativ prall gefüllten Einkaufstütchen zurück. Das betrieb er wohl solange, bis der Kredit oder der Platz im Auto oder beides aufgebraucht waren. Nachfragen ignorierte er standhaft.

Auf dem Zeltplatz konnten die restlichen Familienmitglieder mit Staunen beobachten, wie das junge Finanzgenie die „Vermehrung seines Münzsammlungsreichtums“ in Angriff nahm. Zur Erklärung sei vornweg gesagt, dass Clemens ein viel jünger aussehender, goldbraun gebackener, strohblonder Junge war, der alljährlich in Ländern mit dunkelhaarigen Kindern auf der Liste „Entführungsgefährdet“ stand – vorausgesetzt, solch eine Liste hätte existiert. Er legte sich die komplette Sammlung von DDR-Münzen auf den Unterarm – denn er wollte ja tauschen, nicht betteln – und ging zu Zelt-Familien aus aller Herren Länder.

Wie er seine Sammelabsichten geäußert hat, kann hier nicht niedergeschrieben werden, denn er wollte keine Zeugen dabei haben. Wahrscheinlich hätten dabei Erziehungsautoritäten auch wirklich nur gestört. – Fakt ist, kurz nach seinem Auftauchen vor irgendeinem Zelt wurden befreundete Familien gleicher Nationalität lautstark zur Unterstützung herbeigerufen, bis alle Münzen gefunden waren. Besonders die Italiener legten einen besonderen Eifer an den Tag, dieses Kind glücklich zu machen.

Versteht irgendjemand, warum niemand sein DDR-Geld wollte?????? Und er alle Münzen immer und immer wieder zurückbrachte???

Das wiederholte sich solange, bis er alle Posten seiner vorher erstellten Liste abgearbeitet hatte. – Im heimatlichen Berlin wurden dann Kataloge gewälzt, Münzen geputzt und Alben gefüllt, zum Glück aber keine Reichtümer angehäuft.

Drei Wochen etwa benötigte Clemens dafür, das Geld für die Rückzahlung des Kredits flüssig zu machen. An Klassenkameraden und Freunde verkaufte er die Sachen, die er auf der Reise in größerer Stückzahl gekauft hatte. Sein leichter Aufpreis hatte mit den üblichen Handelsspannen nichts zu tun und kann durchaus mit seinem Arbeitsaufwand begründet werden.

Ist es irgendwie verwunderlich, dass später das Studienfach BWL hoch im Kurs stand?

Autor: Clara Himmelhoch

Auf meinem PR = purple Roller fahre ich durch die Bloggerwelt und mache PR = Public Relation. In meinem Gepäck habe ich fast täglich eine "Überraschung" für meine LeserInnen. Hausfrauentipps und -tricks als auch Koch- und Backrezepte müsst ihr wo anders suchen.

9 Kommentare zu “Früh übt sich, …

  1. Genial, liebe Clara, einfach genial… Aber das mit den DDR-Münzen verstehe ich auch nicht. Ich habe schon ein paar in meiner Sammlung aus Kindertagen…
    GLG Sunny

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    • Sunny, mit Ostgeld konnte doch niemand was anfangen, deswegen war die DDR auch so drogenfrei, weil keiner unser Geld für seinen Sch…Koks oder so haben wollte. – Nein, auch wenn es bundesdeutsches GEld gewesen wäre, hätte er es sicher wieder mitgebracht, es sei denn, die Angesprochenen wären auch Münzsammler gewesen, denen gerade noch das 20-Pfg-Stück dieser Prägung mit dem und dem Buchstaben gefehlt hätte.
      Die Münzalben hat er heute noch!
      LG von Clara

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      • Schon klar, liebe Clara 😉 Und einem so süßen Bengel hätt mans sicher auch so gegeben. Vor allem wenn er auch noch sein offensichtlich mühsam erspartes Geld eintauschen und gar nicht betteln will 😉
        Mittlerweile findet sich sicher das eine oder andere Schätzchen in den Alben…
        LG Sunny

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  2. Herrlich erzählt. Ich hatte mir mal gewünscht, mehr über die ehemalige DDR zu erfahren, nichts Geschichtlich-Politisches, sondern wie die Menschen dort lebten, wie ihr Alltag war. Und hier ist es. – allerdings, andererseits, ist der Sammeltrieb der Kinder nicht überall gleich?

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    • Hallo, wenn du wirklich Lust hast, mehr über die DDR zu lesen, dann gib einfach auf meinem Blog DDR, Stasi, Clemens, Clarageschichten, Steine auf meinem Berufsweg oder ähnliches ein – da steht viel über dieses Land drin – auch Gutes!
      Es war ja bei Clemens nichts so sehr der Sammeltrieb – sondern das Pfiffige war, die Marktlücken auszunutzen, mehr einzukaufen und daraus dann einen gewissen Gewinn zu schöpfen. Er wusste genau, was seine Kumpels wollen und was es bei uns nicht gibt.
      Schönen Abend noch wünscht Clara

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  3. Um den Jungen muss man sich keine Sorgen machen. Der weiß sich zu helfen. Schöne Geschichte 🙂

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    • Da Knäbelein nächstes Jahr 40 wird, muss er mal langsam damit anfangen, sich (vielleicht) (oder auch nicht) um seine Mutter Sorgen zu machen.
      Bisher sind wir ganz zufrieden miteinander.
      Schönen Abend noch wünscht Clara – und morgen stockt euch allen das Blut bei meinem Stöckchen

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  4. Clemens wächst mir richtig ans Herz …
    🙂

    Schöne Geschichte!

    Liebe Grüße und habt einen schönen Sonntag.
    Heike.

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    • „Mir auch“, liebe Heike, ich habe wirklich zwei patente Kinder, doch die deinige scheint ja ebenfalls in diese Patent-Richtung zu schlagen, was ich bisher von ihr über dich so mitbekommen habe. – Wäre das nicht so, dann wären sie sicher nicht Inhalt eines Posts.-
      In diesem Sinne einen schönen Sonntag wünscht dir Clara

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