Das Fahrrad sollte uns im Sommer 2004 auf dem teilweise sehr komfortablen Fahrradweg Berlin- Kopenhagen in diese schöne Stadt führen.
Wir, das waren eine Bekannte, mein Prinz Bär und ich. Und weil ich die Mitfahrerin nicht um Veröffentlichungsgenehmigung gefragt habe, setze ich ihr mal gerade einen Bärenkopf auf, passt so schön ins Terzett.
Von der Fahrrad-hinter-Fahrrad gefahrenen Strecke gibt es nicht viel zu berichten, da die gemeinsame Fahrt unmittelbar hinter der Fährüberfahrt Rostock – Gedser beendet war. Die Ansprüche an Quartiere, Gestaltung und sonstiges waren so unterschiedlich, dass es Stress gewesen wäre, gemeinsam weiterzufahren.
Allein war es auch nicht schlecht, die Kontaktaufnahme zu anderen erfolgt viel schneller und so etwas wie „Angst“, egal weswegen, habe ich relativ selten.
Die Quartierkosten in Dänemark ließen mich immer in leicht gestammeltem Englisch versichern, dass ich nicht das Hotel kaufen wolle, sondern tatsächlich nur eine Übernachtung wollte. – Da bei diesem Sauwetter kaum Touristen unterwegs waren, kam man mir tatsächlich des öfteren mit einer 50%igen Preissenkung entgegen – zumindest musste ich keinen Einzelzimmerzuschlag zahlen.
An eine schöne Episode in Dänemark erinnere ich mich. Wir hatten uns ein Privatquartier ausgesucht – mir reichte der Komfort, ich fand die Leute – ein altes Ehepaar – sehr nett, aber meine Mitfahrerin kam aus dem Naserümpfen gar nicht mehr raus, weil u.a. die Dusche für 3 Zimmer gemeinsam und somit auf dem Flur war. Sie flüchtete für 70,00 € ins Hotel. – Auf dem Rückweg – ich hatte wohl keinen trockenen Faden mehr am Leib – wollte ich wieder dort übernachten. Der Mann erkannte mich zuerst gar nicht – aber als er das tat, hing er alle meine Sachen im Heizungskeller auf, warf die Heizung an und die Frau musste alles auftischen, was sie zu essen im Kühlschrank hatte. – Ich war gleich wieder mit dem dänischen Schietwetter ausgesöhnt und blieb zur Belohnung zwei Nächte zahlender Gast!
Der Rückweg auf deutschem Gebiet führte mich durch den wunderschönen Ort Waren an der Müritz. Von der Hinfahrt kannte ich die unverschämt hohen Übernachtungspreise und der Beutel war ziemlich leer. Also wollte ich gegen 17.00 Uhr Waren verlassen, um in einem kleinen Dorf mein Nachtlager aufzuschlagen.
Mein Weg führte mich zum „Blauen Haus“ – eine bekannte Keramikwerkstatt. Was ich dort sah, gefiel mir so ausnehmend gut, dass ich mich gar nicht trennen konnte. Ein Mann sprach mich an, den ich für den Gärtner hielt. Er bemerkte mein Interesse und fragte mich etwas aus. Ich zeigte deutlich mein Interesse, mich mit dem Keramiker zu unterhalten. – Noch eine Weile ließ er mich zappeln – dann stellte er sich vor – er war es selbst nach dem Motto:
„Der Gärtner ist immer der Künstler … „
Im Moment fehlte ihm die Zeit für ein ausführliches Gespräch, er vertröstete mich auf 16.00 Uhr. – Waren bot genügend Abwechslung. Auf dem Marktplatz, auf dem sein berühmter Brunnen steht, lud mich auch dieser Stuhl mehr oder weniger zum Sitzen ein.
Und flugs stand ich wieder in diesem keramischen Zauberparadies mit all den Kugeln, Fischen, Gefäßen usw. usf.
Als ich immer häufiger auf die Uhr schaute, weil meine Zeit zur Weiterfahrt drängte, erkundigte er sich nach dem Grund meiner Eile. Offen und ehrlich wie ich so bin, erzählte ich von den überteuerten Übernachtungspreisen und meiner Finanzsituation, denn ich war gerade arbeitslos geworden.
Der Sinn der weiteren „befragenden “ Unterhaltung seinerseits blieb mir ein wenig verschlossen. Ob ich allein unterwegs sei? Ja! Ob ich denn keine Angst hätte? Kaum! Ob ich denn nicht auch Lust hätte, mich noch ausführlicher zu unterhalten? Sicherlich!
Ergebnis: Er bot mir kostenlos sein Gästezimmer an, dass nur von den zu Besuch kommenden Kindern genutzt wird, freute sich bei einem mehr als anregenden Gespräch am Abend über Abwechslung aus der Hauptstadt und bereitete mir am nächsten Morgen ein gutes Frühstück. Ich schlief – nach all den Anstrengungen der langen Radetappe – wie ein Engel und hätten nachts irgendwelche Versuchungen vor der Tür gestanden – ich hätte sie verschlafen.
Am Morgen suchte ich mir einen im Rakubrand entstandenen Fisch aus, der immer noch einer meiner schönsten Reiseerinnerungen ist.
Das ist er:
Und die Keramikwerkstatt ist hier im Netz zu finden und im Fotoblog sieht man einen Löwen auf dem Marktplatz in Waren, der wie dumm einen Brunnen umkreist.
12. Dezember 2014 um 18:50
Eine schöne Fahrradgeschichte. Ich möchte auch mal wieder nur mit dem Rad so durch die Lande fahren. Hier auf Teneriffa geht es immer nur bergauf und bergrunter 🙂 liebe Grüße Leonie
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12. Dezember 2014 um 00:41
Hat dies auf Clara Himmelhoch rebloggt und kommentierte:
Obwohl es jetzt nicht die richtige Fahrradzeit ist, will ich euch diesen Post über Waren an der Müritz vorführen, weil ich damals eine ganz tolle Fahrradtour gemacht habe. Doch lest selbst.
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12. Dezember 2014 um 08:07
Mutige Fahrradwildfrau! – Das mit dem Töpfer ist eine wunderbare Geschichte und für dich wahrhaftig unvergesslich! Wir waren ja auch dort, dachten vorher, es wäre ganz flach von der Landschaft her, aber nein….Du weißt ja von den Hügeln!
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12. Dezember 2014 um 11:56
Hügel und Gegenwind – das sind die Dauerfreunde jedes Radfahrers – bei Berg“lein“ gibt es dann wenigstens noch die Belohnung des Berg-ab-fahrens. – Der große Kugelfisch im Badezimmer erinnert mich immer an die Reise und den gastfreundlichen Keramiker.
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29. August 2010 um 19:52
eine schöne Geschichte. Mir zeigt sie eimal mehr, dass das alleinreisen seine Vorzüge hat und der Mut immer belohnt wird. Zu zweit erlebt man das nicht.
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29. August 2010 um 22:36
Da wir ja zu zweit gestartet waren, war ich am Anfang etwas geklatscht und durch den Wind – aber ich war wirklich erstaunt, wie schnell ich mich an die Alleinfahrten gewöhnt habe. Bei schlechtem Wetter wurde ich auf Rastplatzen sehr oft von Autofahrern zum heißen Kaffee oder Tee aus der Thermoskanne eingeladen – das fand ich immer richtig rührend. Oder bei heißem Wetter bekam ich kalte Getränke, wenn ich nur um etwas Wasser bat. – Meine vielen Radtouren fand ich immer ganz, ganz klasse.
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14. August 2010 um 19:06
Warum meinst du, dass du es nie schaffen würdest. Es müssen doch keine 70/80 km täglich sein, mit 30 km kommt man auch vorwärts, nur nicht so weit! Na und? Hauptsache, man hat Freude daran.
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13. August 2010 um 23:30
Margot, Passau-Wien schreibe ich noch mal, denn die habe ich mit einem Typen zusammen gemacht. Ich sollte wirklich lieber alleine fahren!
Einen (Berliner) Gruß an dich von Clara
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13. August 2010 um 19:23
Liebe Clara, eine sehr schöne Geschichte! Ja du, ich bringe mir auch liebend gerne Erinnerungsstücke mit, zu denen ich eine Geschichte erzählen kan….
Ich wünsch dir noch viele schöne Radtouren!
Gruss von Rosie
http://www.roswithageisler.de
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13. August 2010 um 21:50
Der Fisch steht jetzt seit 6 Jahren in meinem Bad – und erst hier im Blog bin ich auf die Idee geommen, die Geschichte davon zu erzählen!
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13. August 2010 um 14:48
Wieder eine schöne Clara-Geschichte 🙂 Übrigens, der Fisch ist sehr schön. Übernachtung kann ich dir leider nicht anbieten, ich habe nur ein Bett. Aber ich kann dich sehr gut unterbringen. Nur mit dem Fahrrad wäre es ein bisschen weit 🙂
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13. August 2010 um 18:49
Ihr seid alle ganz, ganz lieb zu mir. Aber jetzt im Ernst – sollte ich je wieder diese Wahnsinnsidee haben, 10 Stunden am Tag im Sattel sitzen zu wollen – dann starte ich hier eine Umfrage, wer in der Gegend wohn, wo ich hin will. Und ich fürchte, das wird gar niemand sein.
Der Elbe-Radweg schwebt mir vor bis zur Mündung bei Cuxhafen, der Spreeradweg und der Neiße-Oder-Radweg. Und bei allen Wegen kenne ich niemand. Und mit dem Fahrrad sind ja 50 km nicht mal so schnell abgeritten wie mit dem Auto. –
Aber jetzt gehts ja erst mal auf den Winter zu ……. autsch, nicht hauen!
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13. August 2010 um 12:30
Ich habe dem Meister eine e-Mail geschickt, mal sehen, ob er sich mal meldet. Erinnern kann er sich 99pro an mich – und wenn nicht an mich, dann an seinen Fisch, den er in seiner Werkstatt gefertigt hat.
Die Meinungen über diese Art von Übernachtung gehen weit auseinander – von „nie gemacht, zu gefährlich“ bis „du traust dir ja was!“
Toitoitoi, so richtig schlechte Erfahrung habe ich noch nie gemacht – vielleicht habe ich etwas Menschenkenntnis – doch oft schätze ich die Menschen so ein, wie ich mich auch verhalten würde in so einer Situation, kann aber auch ins Auge gehen.
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13. August 2010 um 11:53
Stell Dir vor, auch wir haben ein Gästezimmer 😉 Füt einzel- aber auch dopplebesuch geeignet… Man muss nur gut terminieren bei uns…
Ist aber eine tolle Story! Klasse!
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13. August 2010 um 12:35
Gesa, da danke ich dir aber ganz lieb dafür, du kennst mich doch noch gar nicht lange. (Jetzt bitte, bitte nicht denken, dass es ernt gemeint ist:) Silberne Löffel kannst du alle liegen lassen, ich steh nicht auf Silber-Putz-Besteck, hatte ich in der Ehe *fünffachgrins*)
Zu zweit nur dann wenn doppelkopferprobt, sonst nur einzeln. Aber du bringst mich auf die Salzburg-Wien-Fahrradtour und eine andere, die sind auch lustig zum erzählen.
Manchmal habe ich das Gefühl, ich habe doch schon einiges erlebt ——- oder ——— ich kann das nicht so viele gut „vermarkten“
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13. August 2010 um 09:42
hm – Dir hier im südwesten der Schweiz eine Übernachtungsmöglichkeit anzubieten, das ist jetzt wohl etwas fehl am Platz, ich denke, so weit fährst Du jetzt mit Deinem Fahrrad nicht mehr – aber komm doch mal, der Zug fährt auch bis hier her und Bett und so das gibt’s für Dich hier auch und auch ohne Rappen *lach*
also ich würde mich freuen – ehrlich – Du kennst mich, ich würde es nicht tippseln, wenn’s nicht so wäre, bisous, Martha
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13. August 2010 um 12:26
Holla – Martha, langsam lohnt es sich für mich, die ernst gemeinten Übernachtungsangebote aufzuschreiben, wo ich ohne Rappen, ohne Schimmel und nur für Stuten übernachten kann. Das ist ganz, ganz lieb von dir. Bist du sicher, dass ich da irgend jemanden verstehe, der mich anspricht, wenn ich „weinend und verschüchtert“ *grinsgrinsgrins“ in der Ecke sitze.
Dieses Jahr muss ich mich erst mal von meinen Zahn-Restaurierungskosten erholen, aber wie gesagt als Rentnerin – hat man ja so viel mehr Zeit …
Ich habe es abgespeichert! Danke erst einmal!
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13. August 2010 um 19:59
Du „weinend und verschüchtert“ ? Ja, das möchte ich sehen *lach* – nein Clara, hier bei mir wärst Du weder weinend noch verschüchtert, das verspreche ich Dir.
Bisous, Martha
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13. August 2010 um 21:49
Ich denke auch, dass das etwas viel versprochen wäre: ich weinend und verschüchtert. – Aber schn, dass du es mir nochmals sagst, dass ich keinerlei Grund dazu hätte.
Clara
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14. August 2010 um 00:01
*lächel*
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13. August 2010 um 09:03
Liebe Clara,
das klingt nach einer tollen Tour! Jedenfalls scheinst Du Spaß daran gehabt zu haben. Ich selbst habe noch nie so eine lange Radtour gemacht. Aber mein Vater ist einmal von Stralsund nach Geraberg (liegt im schönen Thüringen) gefahren. 600 Kilometer. Ich finde sowas schon beeindruckend. 🙂
Herzliche Grüße,
Coralita
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13. August 2010 um 09:09
Coralita, bis ich faul oder sparsam wurde, habe ich jedes Jahr eine große Tour gemacht, meist in der Gruppe und mit Übernachtungen in der Jugendherberge. So hatte ich ja auf dieser „Chaotentour“ auch Heiko kennen gelernt. Der Tagesschnitt lag so bei 70 – 80 km, nur in den Bergen war es echt anstrengend für mich – sonst nicht!
Der Popo muss allerdings sitz-trainiert sein!
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13. August 2010 um 07:31
Super Geschichte! Wie lange warst du denn mit dem Fahrrad bis Rostock unterwegs?
Und du könntest ja deine nächste Radtour tatsächlich so planen, das du immer Station bei deinen Blog-Lesern/Leserinnen machst!?
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13. August 2010 um 08:20
Nachdenkenswerter Gedanke, doch ich weiß von vielen gar nicht, wo sie wohnen. – Falls ich nächstes Jahr so etwas vorhabe, starte ich vorher eine Mail-Anfrage.
Auf dem Hinweg haben wir wohl erst in Neustrelitz angefangen, sind dann zur ersten Übernachtung in einem ehemaligen FDGB-Heim in Waren gefahren, die zweite Übernachtung war in Krakow am See und am nächsten TAg waren wir in Rostock. Neustrelitz – Rostock 202 km in 3 Tagen. Wen noch die ersten 175 km dazu gekommen wären, hätte es deutlich länger gedauert, und wir wollten ja nach Dänemark!
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13. August 2010 um 00:59
Marianne – wenn das noch ein paar andere sagen, könnte ich mich wirklich mal wieder aufs Rad schwingen. – Aber die Einzelzimmerpreise sind wirklich auch in den Pensionen fast unbezahlbar.
Danke für das liebe Angebot!
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13. August 2010 um 00:35
Wäre machbar, aber muss nicht sein. Du siehst, das war 2004 und meine letzte richtige große Radtour. Irgendwie bin ich faul geworden.
Du kannst beruhigt sein, ich muss morgen auch 7.00 vor Ort sein!
Grüße zurück!
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