Claras Allerleiweltsgedanken

Im Dreisprung von Nord nach Süd 6/28 Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik

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Die Knastmontage

Die Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik, eine Klinik mit sehr langer Tradition. Ebenso gehört zu dieser Tradition, dass sie einen sehr großen, abgeteilten und streng gesicherten Bereich hat, da sich dort nämlich Strafgefangene aufhalten. (Ist es Ironie des Schicksals, dass gerade am heutigen Tag – siehe unten – diese Station dran ist, die vom Knast handelt? – Ich weiß es nicht!)

Seit einiger Zeit ist die Vivantes-Klinikgruppe Eigentümer und der Traditionsname ist vom Klinikschild verschwunden – zum Glück aber nicht von den S- und U-Bahnhofs-Schildern.

Ich habe ein reichliches Jahr in der Nähe gearbeitet und bin so manches Mal durch den wunderschönen Klinikpark spaziert – habe manchmal auch zum Sonnen in der Mittagspause auf der Wiese gelegen. In den 6 Jahren, die das inzwischen her ist, hat sich vieles verändert – auch zum Positiven.

Bänke laden zum Verweilen ein, Gedenksteine zum Erinnern und Nachdenken.

Auf dem Gelände kann man Pilze suchen – so essbar -, man kann Ponys streicheln, aber nicht füttern, man kann Seele und Beine baumeln lassen und man kann sich auf ein kühles Bier in einer urigen Kneipe am Bahnhof freuen.

So schlecht ist diese Gegend gar nicht. Natürlich haben die Anwohner Angst wegen ihrer gefährlichen Nachbarn – doch die Sicherheitsstufe ist recht hoch. Ich habe ein wenig heimlich fotografiert.

Und hier der obligatorische Link zum Fotoblog.

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Hier gibt es noch einen Link zu den Lampen in der Synagoge Essen. Alle „Ehemaligen“ wissen, dass der 7. Oktober der bedeutendste Feiertag war und alle Berliner und viele DDR-ler kennen den „Palast der Republik“ unter dem Spottnamen „Erichs Lampenladen„. Das will ich jetzt bei den Lampen aus der Synagoge nicht als Assoziation hochkommen lassen. Sondern: Der DDR hätte mehr Toleranz in jede Richtung wahrlich gut getan und nicht nur dieser aufgesetzte „Antifaschismus“ und der nicht wirklich beherzigte „Antisemitismus“.

Je öfter ich hier die DDR erwähne, um so mehr merke ich, dass ich sie früher nie so verteidigt habe wie jetzt. Schließlich habe ich 40 Jahre meines Lebens in ihr zugebracht und ich weiß – nicht: ich glaube – dass nicht alles so mies war, wie es jetzt zum Teil dargestellt wird. Außerdem, wer von uns bedauert die Menschen in anderen Ländern aufrichtig, die viel, viel schlechter leben als wir damals gelebt haben. Der Mensch ist wirklich und wahrhaftig ein Gewohnheitstier – und wenn es nur dreimal im Jahr Bananen zu kaufen gibt, konnte man sich auch daran gewöhnen und darauf einstellen.

Bitte verstehe mich keiner falsch – ich will dieses System um nichts in der Welt zurückhaben, aber bitte, lasst uns Ostlern einige unserer Illusionen und manchmal leicht verklärten Erinnerungen – wir können unser Leben nicht rückwirkend verändern. Früher konnte ich nicht in ferne Länder reisen, weil ich nicht durfte, heute kann ich (und viele, viele andere auch) nicht verreisen, weil ich es mir nicht leisten kann.

Mein Standardspruch lautet:

Früher musste ich die Regierung loben und konnte meinen Chef beschimpfen – heute ist es umgekehrt! –

Sagt nicht, dass das nicht stimmt, ich habe es 3x am eigenen Leib erlebt.

Autor: Clara Himmelhoch

Auf meinem PR = purple Roller fahre ich durch die Bloggerwelt und mache PR = Public Relation. In meinem Gepäck habe ich fast täglich eine "Überraschung" für meine LeserInnen. Hausfrauentipps und -tricks als auch Koch- und Backrezepte müsst ihr wo anders suchen.

15 Kommentare zu “Im Dreisprung von Nord nach Süd 6/28 Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik

  1. Erichs Lampenladen ist ja nun bis auf die Fundamente weg – wir haben dort die Konfirmation oder die Jugendweihe der Kinder gefeiert und sind unendlich oft bowlen gewesen, da wir ganz dicht daneben auf der Fischerinsel gewohnt haben. – Wenn du den Grund der negativen Einstellung kennst, dann versuche vielleicht, sachlich mit ihm darüber zu sprechen – wenn es dir aber zu viel wird, dann sage ihm das. Vielleicht merkt er seine miese Stimmung gar nicht, die er verbreitet.

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  2. Auch hier wieder schwer zu sagen, weil ich zu wenig weiß, von damals, von ‚drüben‘. Was ich so gesehen habe (das wenige), war alles sehr marode und der Sozialismus hat leider gar nicht funktioniert. Was sicher gut war, was man immer wieder liest und hört, dass es mehr Zusammenhalt untereinander gab.
    Was die jetzige, unsere Regierung anbetrifft, da könnte ich tagelang schimpfen. Aber wenigstens darf man das noch, wenn auch nicht mehr ungefährdet demonstrieren 😦
    Liebe Grüße, Ingrid

    P.S. In meinem Feedreader kann ich schon wieder einen unveröffentlichten Beitrag von dir sehen (B… oder doch nur …). allerdings kann ich nur den Anfang lesen und nicht alles … Aber doch komisch, ne?)

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    • Letzte Frage zuerst: Der Beitrag: „Behindert oder doch nur beeinträchtigt“ ist veröffentlicht, und zwar am 9. Dez. 2009. Heute hat jemand darauf geantwortet und ich bin noch einmal an diese Blog-Stelle gegangen, habe allerdings nichts geändert. Warum er das dann noch einmal anzeigt, dass weiß nur WP und ???
      Ingrid, vielleicht setze ich mich mal wirklich hin und überlege in aller Ruhe, was für mich besser oder schlechter ist. Ich zähle mich keinesfalls zu den Gewinnern, aber auch nicht zu den Verlierern der Wende – es ist einfach anders geworden vor 20 Jahren. Für den großen Aufstieg war ich offensichtlich nach Meinung der Arbeitgeber zu alt – und das hat mir das Genick und die Seele ein wenig gebrochen.
      Zum Glück ist morgen der 8. Okt., Erinnerungsschwangerschaft vorbei und ein Reiseprojekt fängt an.

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  3. der park ist wunderschön. aber warum zeigt das Foto wittenau?
    manchmal fange ich auch mit der verklärung an, und das ist nicht gut. kann ich mich doch noch gut erinnern. ich weiß, aus meiner Situation sagt sich das leicht, denn ich hatte die chance, noch vieles zu nutzen. ich könnte auch nicht behaupten, ohne die wende unglücklicher als heute zu sein, aber ich wäre ausgereist, keine frage.

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    • Podruga, danke erst mal, dass du dir bei deinem augenblicklichen Stress die Zeit für einen Kommentar genommen hast.
      Ich allein wäre (wahrscheinlich) auch ausgereist, aber Mann wollte nicht, 2 Kinder hielten mich hier oder da – aber ich fand es ganz toll, dass viele Jahre später mein mindestens genau so oppositionell eingestellter Sohn sagte: „Wenn alle gehen, ändert sich hier nie was, hier wollen wir es anders haben und machen!“
      Die Station wurde ja erst viel später in „K-B-Klinik“ umbenannt, vorher hieß sie wie die gleichnamige U-Bahn-Staion wahrscheinlich Wittenau – der Stadtteil ist es ja. Finger ungekreuzt nach oben: Es war wirklich dort! – Ich nähere mich mit Siebenmeilenstiefel deiner Gegend!
      Deine Worte „ohne die wende unglücklicher als heute zu sein“ heißt im Umkehrschluss und ohne Verneinungen „mit der Wende glücklicher als heute zu sein“ – oder ist eine doppelte Verneinung bei dir eine Bejahung?

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  4. Dein Bericht ist wie immer sehr interessant. „Bildungsreisen mit Clara“. Das mag ich!

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  5. Gerne glaube ich dir, dass der Klinikpark sehr schön ist. Trotzdem bin ich doch lieber ganz weit weg von dieser Klinik 🙂
    LG Ute

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    • Ute, das ist sicher ein wenig unklar rübergekommen – die Haftklinik macht vielleicht 40 % des gesamten Bereichs aus – es gibt dort auch noch viele, viele andere Fachrichtungen, in der du ganz frei, hoffentlich kompetent und mit jederzeitigen Ein- und Ausgangserlaubnis behandelt wirst.
      Für mich ist sie vom Einzugsbereich zu weit weg – ich habe mein „Haus- und Hof-Universitätsklinikum Benjamin Fränklin“ direkt vor der Nase. Diesem habe ich mich schon zu mindestens zwei Operationen und einigen anderen Behandlungen anvertraut. Bis auf das Essen ist es okay dort.

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  6. liebe frau himmelhoch,

    ich denke ja, daß die ältere generation viel mehr zum verklären neigt, weil sie auch die größten verlierer in der geteilt-vereinigten geschichte sind. wie viele waren plötzlich chancenlos… und wie viele bekommen auch nur einen teil der rente, der ihnen zustünde, wenn sie im anderen teil aufgewachsen wären. ich kann das bis zu einem gewissen grad nachvollziehen, muß aber gelegentlich auch mal ein veto einlegen. jetzt und an dieser stelle gar nicht. bei meiner ma schon öfters. und abgesehen davon denke ich außerdem, daß „staatsfeinde“ es in jedem land nicht leicht haben.

    hab einen guten tag!

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    • Liebe WF, ich überlege des öfteren, ob ich wirklich zum „Verklären“ neige oder nur zum „Realismus“. Ich hatte es trotz vermasselter Berufschancen durch eine politisch saumäßige Beurteilung im Abizeugnis zu keinem anständigen Studium geschafft und dennoch ging es mir relativ gut. Vielleicht bin ich nicht sehr anspruchsvoll – ich weiß, dass es mir, wäre ich dort aufgewachsen, wo ich geboren bin (Bayern), beruflich bestimmt besser gegangen wäre – bloß ob ich glücklicher geworden wäre, das lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen.
      Am heutigen Staat finde ich schon fast so viele Kritikpunkte wie am ausgetauschten – also habe ich doch nur ein Übel mit einem anderen getauscht oder den Teufel mit Beelzebub ausgetrieben.
      Egal wie – es ist, wie es ist, und darauf müssen wir uns resp. ich mich einstellen bzw. haben wir es bereits getan. Mögen wir vielleicht als Ältere zu den größeren Verlierern zählen – heuet möchte ich auch nicht unbedingt als Jugendlicher um eine Lehrstelle kämpfen, wenn meine Leistungen z.B. nicht im 1,0-Bereich liegen.
      Ich umarme dich ganz lieb und grüße dich – das muss jetzt wahrscheinlich bis Montag reichen, denn morgen früh fahre ich weg.

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  7. Danke für die Erklärung – da muss was dran sein *grins*. –
    Ich kann manchmal auch nicht „gönnen“, nämlich mein Eiskonfekt den anderen – selber essen macht fett, und selber trinken macht besoffen – das muss ich heute noch erledigen.
    Du hast ein unheimlich feines Gespür dafür, wann du nur „sternen“ kannst und wann du dich mit Wort und „Trost“ einbringen musst. Danke dafür, du bist ein wirklich wesentlicher Grund dafür, dass ich den Westen gut finde, zumindest zeitweise von 00.00 bis 23.55 Uhr.

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  8. Margot, das meine ich doch gerade: Zu solchen Chefs oder Arbeitgebern muss ich doch auch mal A…loch sagen dürfen, wenn sie es denn sind – ohne gleich meine Papiere gereicht zu bekommen.
    Die Welt ist nicht gerecht und wird es in der nächsten Zeit auch nicht werden!

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