Claras Allerleiweltsgedanken

Meine Oma fährt im Hühnerstall mit Rollstuhl …

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oder: „Heimliches Training für die Paralympics“

Vorgeschichte: Im Nov. 2007 ist meine Mutter in und mit ihrem eigenen AOK-Rollstuhl in dieses Heim eingezogen.

„Frau Ue., meine Mutter wird in einer Woche aus dem Krankenhaus entlassen und bis dahin möchte ich, dass ihr Rollstuhl im Zimmer steht – sie wird ihn dringend brauchen.“

„Ja, geht klar, Frau Himmelhoch, ich kümmere mich darum. Ich kann mich gut daran erinnern, dass sie den Rollstuhl für Ihre Mutter auf der Fahrt nach Hannover mitgenommen haben. Er wird im Keller ein wenig nach hinten gerutscht sein.

Drei Tage vergehen ergebnislos und nichts steht im Zimmer.

Frau Ue., sie denken aber bitte an den Rollstuhl? Ich würde gern vorher nochmal kontrollieren, ob alles damit in Ordnung ist, da er ja so lange im Keller stand. blablabla“

Frau Himmelhoch, der Hausmeister und ich, wir haben den ganzen Keller durchsucht – wir finden den Rollstuhl nicht. Sie sind aber sicher, dass Sie ihn nach der Fahrt nach Hannover wieder bei uns abgegeben haben? Der müsste doch sonst da sein!“

Ein ganz leichter Unmut steigt in mir auf, da ich für solche sinnlosen „Plaudereien“ im Moment so gar keine Zeit habe. Doch freundlich antworte ich.

„Da bin ich mir 100%ig sicher, denn ich hätte kaum Platz für eine Unterbringung – und im Zimmer meiner Mutter steht er ja nachweislich nicht. Da müssen Sie mal die Suche intensivieren – vielleicht ist er ja auf einer falschen Wohnetage bei einem rollstuhl-losen Patienten gelandet – kann ja mal vorkommen.“

Und so naht der Tag der Entlassung – in Bezug auf den Rollstuhl ohne Ergebnis. Bei der dritten Ansprache war mein Ton nicht mehr ganz so freundlich, nicht mehr ganz so entspannt – sondern merklich gereizt.

„Frau Ue., übermorgen wird meine Mutter entlassen und Sie haben den Rollstuhl immer noch nicht gefunden. Sie wissen ja , dass meine Mutter hier aus dem Heim auszieht und da will sie ihn natürlich mitnehmen, denn sie kann nicht einen einzigen Schritt auf eigenen Füßen laufen. „

„Frau Himmelhoch, der Hausmeister hat ca. eine Stunde ergebnislos nach dem Rollstuhl gesucht – ich bin ganz fest der Meinung, dass sie ihn nach der Fahrt nicht mehr hier bei uns abgeben haben, denn sonst müsste er ja zu finden sein!“

Am liebsten hätte ich geantwortet: „Ach, stimmt ja, ich übe ja immer schon heimlich für die Paralympics damit, falls ich mich auch mal neben die Toilette setze – meine Frühdemenz ließ mich das vergessen! Entschuldigen Sie bitte!“ – Aber es hätte die Gefahr bestanden, dass sie das geglaubt hätte, also ich:

„Ich werde mich an die Residenzleitung, Frau K. , wenden, das wird mir hier langsam zu blöd albern.“

Mail geschrieben und sie mit der Rollstuhlsuche „beauflagt“. Viel Hoffnung machte ich mir nicht, weil sie auf mich sauer sind, weil ich Ihnen eine gewisse Teilschuld an dem Unfall in die Schuhe geschoben habe (zweiter Haltegriff  fehlte) und weil ich zum 31.12. gekündigt hatte.
Doch erstens kommt es anders, zweitens als man denkt.
Als ich beim nächsten Besuch gleich an der Rezeption nach dem Fortschritt bei der Rollstuhlfahndung frage, wird mir bedeutet, einen Moment zu warten.

Mir wird ein Schreiben vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass das Heim Anfang März die Rückholung bei der AOK veranlasst hat, weil es im Keller „klemmte“. Weder die Station noch ich wurden darüber informiert, ich hätte sogar zustimmen oder unterschreiben müssen. – Rückruf bei der AOK und dem Abholerteam bestätigte Richtigkeit aller Angaben – und plötzlich kam das „Gedächtnis“ von Frau Ue. wieder:

„Frau H., ohne mich wüssten Sie immer noch nicht, wo der Rollstuhl abgeblieben ist, denn ich führe einen Ordner über alle Zu- und Abgänge solcher Art. Und dort fand ich dieses Schreiben.
Aber übrigens, wo sind denn die Stores aus dem Zimmer Ihrer Mutter, die Sie beim Einzug 2007 nicht wollten?“

Die letzte Frage von ihr lasse ich jetzt unkommentiert, denn ich gehe seit 5 Jahren zu jedem Fasching als „Gardinenkönigin“ – aber das habe ich ihr nicht verraten *verleumderisch  und diabolisch grins* – Die sollen doch mit ihren Gardinen zum Teufel gehen – seit Jahren gibt es solche „Tageslichtkiller“ weder bei mir noch in der Wohnung meiner Mutter.

Autor: Clara Himmelhoch

Auf meinem PR = purple Roller fahre ich durch die Bloggerwelt und mache PR = Public Relation. In meinem Gepäck habe ich fast täglich eine "Überraschung" für meine LeserInnen. Hausfrauentipps und -tricks als auch Koch- und Backrezepte müsst ihr wo anders suchen.

27 Kommentare zu “Meine Oma fährt im Hühnerstall mit Rollstuhl …

  1. Clara, solche oder ähnliche Rollstuhlgeschichten sind auf der Tagesordnung. Glaubs mir. Was ich da schon alles miterlebt habe, willst du gar nicht wissen.

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  2. Lucie, von zwei Fenstern und einer Balkontür kommt schon ganz schön viel Storestoff zusammen – da hätte ich mich komplett verhüllen können, so dass du nichts mehr von mir erkannt hättest *frechgrinszurück*
    Das Zimmer war durch die vielen Fenster eigentlich sehr hell – aber ich mag nun mal kein Fenstertüll.

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  3. Humor, genau, sogar staubtrocken kann der sein. Gelacht habe ich über die Gardinenkönigin …Hauptsache es gibt dieses neue Gefährt …..
    Gruß von Sonja

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  4. Ging in diesem Altersheim überhaupt etwas klar?

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    • Doch ja, behaupte ich jetzt – solange es nur das Pflegepersonal betraf, war es einigermaßen ok. – Na gut, dass meine Mutter mal aus dem Bett gefallen war, vor allem auf ihren kranken Arm, das wurde mir mal so nebenbei nach langer Zeit berichtet – aber ansonsten. Aber sie war ja auch nur Pflegestufe 1, da waren ja die Hilfsleistungen eingeschränkt. – Doch wenn ich jetzt so überlege, dass sie in 5 Jahren nicht einmal gebadet hat und nur höchstens 1 x pro Woche geduscht wurde, bin ich doch am Grübeln, ob die Schwierigkeiten erst anfingen, seit ich gekündigt habe bzw.. seit sie gestürzt ist.
      Im Nachhinein stelle ich fest, es wurde schlechter, als der Name von Pflegeheim zu „Seniorenresidenz“ aufgehübscht wurde – da wechselte der Betreiber, der wahrscheinlich erst mal das Geld für die Änderung der Schilder eintreiben musste. *bösegrins*

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      • Wenn man das in den Pressenachrichten so liest
        will man es nicht glauben, was so alles in den Alten-
        und Pflegeheimen abgeht. Denen geht es nicht um
        den Menschen sondern wirklich nur ums Geld.
        Da kann einem nur Angst und Bange werden!

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        • Ich habe nachgerechnet: Meine Mutter hat in 5 Jahren ca. 90.000,00 € privat hinzu gezahlt – irgendwie kann ich verstehen, dass sie bedauern, dass sie geht, zumal es jetzt noch mehr werden würde, durch die Pflegestufenerhöhung.

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      • Wenn man das so in den Nachrichten liest will man es nicht
        so richtig glauben was so alles in den Alten undPflegeheimen passiert. Bei denen steht das Geld an erster Stelle und dann erst der Mensch, es ist Traurig aber wahr. Da kann es einem nur Angst und Bange werden wenn man das so liest und auch noch mitbekommt.

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  5. Das hast du jetzt aber mit Galgenhumor geschrieben … (bei Blogspot habe ich auch deine Antwort gelesen). Man fragt sich immer, wie so etwas möglich ist. Es ist natürlich einerseits Schlamperei, andererseits muss die Leitung schlecht sein, sonst würde(n) die dafür sorgen, dass alles reibungsloser klappt.
    Lehre daraus: alles schriftlich machen, sich alles bestätigen lassen (was im Grunde natürlich auch albern ist), alle Belege verwahren. Hoffentlich wirds im nächsten Heim besser. Es liegt einfach auch an einzelnen Personen, ob die ihre Arbeit richtig machen oder nicht.

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    • Der „Witz“ ist ja, dass offenbar so ein Ordner geführt wird – doch kann wohl keine Leitung der Welt den Verstand ihrer Mitarbeiter ersetzen, in diesen Ordner auch hineinzuschauen.
      Wird schon alles. – Aber du meinst jetzt nicht, dass ich mir im neuen Heim bestätigen lassen soll, dass sie mit Rollstuhl kommt.
      Ich verwahre ja im Normalfall alle Belege, weiß nur manchmal nicht mehr, WOOOOOOOOOO!

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      • Hm, ne, eigentlich nicht. Es wäre fast albern, sich jede Kleinigkeit bestätigen zu lassen. Nur, wenn du etwas zurück gibst (Rollator oder so), dann musst du dir das bestätigen lassen. Aber eine korrekte Firma wird das sowieso tun.
        Hast du keinen Aktenordner für Belege? Ein AO mit einem ABC-Register erleichtert das Leben ungemein und erspart Suchzeiten.

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        • Franka, habe ich alles – aber manches eben unter verschiedenen Gesichtspunkten abgelegt – und wenn ich ganz in Ruhe gesucht hätte, wäre mir der Schlüsselbeleg auch sicher in die Hand gefallen. – Ich hatte mal die Sachen meiner Mutter getrennt abgelegt, diesen dann umsortiert – und den Rest, wo manches geblieben ist, weiß ich nicht mehr.
          Ich entsorge ziemlich schnell und „sorglos“ in die runde Tonne, das kostet mich ein Lächeln – und danach dann um so mehr Suchzeit.

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  6. Ein Krampf dieser Kampf mit dem Personal, das angeblich von nichts etwas weiß und sich vehement gegen alles wehrt, was unangenehme Arbeit bedeutet.
    Wir haben hier bei uns ähnliche Ungereimtheiten mit Schwiegermutter *seufz* . Bei uns gehts gerade um Papiermüll, der unangenehm verursacht wird weil Sie jeden Tag ihre Zeitung lesen möchte. (ach da gibts noch mehr…)
    Man fässt sich nicht nur an den Kopf.. man möchte sich ständig an die Stirn tippen- die spinnen, die Leute.

    Ich wünsche dir ein unaufgeregtes Wochenende, liebe Clara
    die Isis

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    • Isis, da wir ja heute schon den 14. Dezember haben, kann es ja nicht mehr viel Ungereimtheiten bis zum Auszug geben. Eine Hürde habe ich gestern genommen. Ich wollte den Zimmerschlüssel an der Rezeption zurückgeben, der immerhin 100,00 € Pfand gekostet hat. Er fragte nach der Quittung, die ich natürlich nicht vorlegen konnte. Er wagte nicht, ein zweites Mal zu fragen, denn das Gegenstück dazu ist im Zimmerschlüssel-Ordner des Heims vorhanden. – Vielleicht blitzte eine Ahnungserinnerung in ihm hoch, welchen Ärger sie mir mit dem Rollgefährt gemacht haben.
      Auch dir ein paar schöne Tage. – Am Sonntag wird es hier auf meinem Blog anstrengend, denn ich nehme, nach so viel heimlichen Training, an einem „Marathon“ teil, allerdings nur an einem Bloggermarathon, der nichts mit laufen oder rollstuhlfahren zu tun hat, sondern nur mit schreiben.

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      • Na da drück ich dir die Daumen, dass du das hinbekommst – ich selbst habe dazu null Lust. Bin hier genug beschäftigt meine Posts vorzubloggen.
        Liebe Grüße…ich bin echt gespannt auf das Ergebnis
        Isis

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  7. Ich habe schon mit der AOK telefoniert. Sie haben sich mit mir gemeinsam über das Heim geärgert, weil so etwas nur unnötige Kosten verursacht – aber der neue ist verordnet, vermessen und wird noch vor Weihnachten geliefert. Vielleicht wird es ja ein besserer als damals.
    Ich muss lernen, immer wieder nur zu sagen: „Dumm gelaufen“.
    Vieles, was ich jetzt durch meine Mom erlebe, erinnert mich den ganz normalen Gesundheitswesenwahnsinn, wie du ihn mehr als einmal beschrieben hast.

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  8. Bravo, Clara, der Schluss ist das Allerbeste und zeigt, dass sie Dir Deinen Humor noch nicht ganz nehmen konnten. Weiter so!
    Ich geh jetzt ins Bett, Kopf brummt, Augen und Nase laufen aus 😉 (so lange nix anderes ausläuft, gehts ja noch, oder? 😉 😉 )

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    • Ruth, mach keinen Sch…, ich hoffe, es laufen nur Tränen aus den Augen und nicht die Augen aus.
      „In Christines Schreibseminar“ hat Clara gelernt, dass eine gute Geschichte eine Pointe hat, die vielleicht nicht unbedingt zu erwarten war.
      Du sagst es: „So lange nichts anderes ausläuft …“
      Auch das kann man nur mit Humor ertragen, sonst hülfe nur ein geladener Trommelrevolver oder so
      Drück dich – hier nicht ansteckungsgefährdend!

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