… oder kann das weg?
Anna hatte sich ihre Berufstätigkeit mit Kind recht gut eingerichtet. Das erste halbe Jahr blieb sie zu Haus, um Felicitas in aller Ruhe und Gemütlichkeit zu säugen stillen, aber dann bekam sie einen Platz in der Kindertagesstätte für Angestellte der Museen des Preußischen Kulturbesitzes. Das kleine Familienauto stand jetzt überwiegend ihr zur Verfügung, damit sie sich nicht mit Felicitas und Kinderwagen und den unfreundlichen Berlinern in den Berufsverkehr stürzen muss. Sie hatte ihre Arbeitszeit verkürzt und verändert, so dass sie außerhalb der Stoßzeiten unterwegs sein konnte.
Bei ganz akuten Problemen konnte sie auf ihre Schwiegermutter zurückgreifen. Die freute sich immer, wenn sie Feli mal ein paar Tage bei sich hatte und sie wieder gesund pflegen konnte.
In diesem Jahr war Claudias 50. Geburtstag gewesen – doch sie hatte sich gewünscht, mit ihrem Johannis allein verreisen zu dürfen, sie wollte keinen Trubel. Der Schmerz saß ihr noch zu sehr in den Knochen – sie hatte gerade ihren besten Freund loslassen müssen – er hatte nach schwerem Kampf aufgegeben und den Krebs „gewinnen“ lassen, obwohl er selbst vom Tierkreiszeichen her Krebs war. Mit Johannis wollte sie eine ruhige Zeit der Besinnung haben.
Doch zurück zu Anna. Als sich alles so richtig gut eingespielt hatte, merkte sie, dass sie wieder schwanger ist. Der Bauch wuchs ziemlich schnell und blieb auch ihren Kollegen nicht verborgen.
Alle waren in ziemlicher Hektik, weil eine Ausstellungseröffnung bevor stand. Eines Morgens kam Anna ins Büro und bekam fast einen Lachkrampf. Sie sah das Ding hier:
Fassungslos vor Lachen fragte sie: „Ist das Kunst oder kann das weg?“ Sie hatte wirklich ernsthaft geglaubt, einer ihrer kunstbegabten Kollegen hätte sich einen Scherz erlaubt und sie irgendwie abgebildet. – Am Ende war sie heilfroh, dass der erschaffende Künstler nicht im Büro gewesen ist, als sie sich über die Plastik lustig gemacht hatte. Sonst hätte sie vielleicht noch eine Anzeige bekommen wegen persönlicher Verunglimpfung des Künstlers oder seines Werkes.
Mit einigen Schwierigkeiten hatte Anna die letzten Wochen ihrer Schwangerschaft im Büro gearbeitet. Sie wusste, dass es ein Junge werden wird – und sie wusste auch schon jetzt, dass er Maradonna, Pele, Klose, Ribery und Özil weit in den Schatten stellen wird, so wie er in ihrem Bauch schon die Tore schoss. Ihr Mann war historisch sehr interessiert und kannte alle bedeutenden Fußballer der Vergangenheit – deswegen fielen diese Namen immer mal wieder, wenn der Kleine in ihrem Bauch ein Tor schoss oder einen Rückwärtssalto wie Klose auf der Uterusrückwand landete.
Als er draußen war und in ihren Eingeweiden wieder Ruhe herrschte, war sie mehr als zufrieden. Felicitas war ihr schon ein wenig Hilfe und außerdem war sie ganz glücklich darüber, dass sie jetzt die große Schwester von dem kleinen Benno ist.
Benno und seine Mutter Anna verband ein ganz besonderes Band – nämlich das des gleichen Tages der Geburt, nur mit 30 Jahren Unterschied. Die für diesen Tag angesetzte Party mussten die Gäste allein feiern, Anna vergnügte sich stattdessen mit Wehenschreiber, Fruchtblasensprengung und was da so an an- und unangenehmen Dingen mehr sind. Aber wie gesagt, als er draußen war und wunderschön auf ihrem Bauch lag, war aller Kummer vergeben und vergessen. – Anna war nur traurig, dass Anno nicht bei der Entbindung dabei war – doch einer musste sich um die Gäste kümmern. Wenigstens Felicitas hatte vor Jahren die Anwesenheit ihres Vaters bei der Geburt „erlebt“ (schade, dass sie sich nicht erinnern konnte), mit wenigen Minuten schon in den starken Armen ihres Papas gewiegt zu werden – gewagt hatte das Unternehmen Kind die Mutter und gewogen haben die Hebammen das Kind.
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„Jetzt komm ich noch sieben mal und dann komm ich nimmermehr! “ sagt Anno Domini.
4. April 2014 um 12:15
warum nicht, ist eben Kunst, ich wünsche dir ein gutes Wochenende, Klaus
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4. April 2014 um 12:29
Stimmt – und der Begriff von Kunst ist ja sehr dehnbar.
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4. April 2014 um 13:09
so ist es
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4. April 2014 um 11:57
Bin grad sehr brav, fast katholisch, gestimmt und verstehe keinerlei Anzüglichkeiten. Das geht vorbei. Mal sehen, mit welchen Augen ich das Ding dann sehen kann…
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4. April 2014 um 12:09
Auf jeden Fall mit nichtkatholischen – aber wahrscheinlich ist es überhaupt nichts Anzügliches. Ich glaube, die Plastik steht immer noch am Potsdamer Platz neben der Neuen Galerie.
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3. April 2014 um 18:14
Irgendwas erinnert mich bei dieser Plastik an einen Wirbel meines Rückens..*autsch*
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4. April 2014 um 01:28
Warum, hast du gerade „Rücken“, wie Herr Schlämmer immer sagt.
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3. April 2014 um 15:47
Was man doch der modernen Kunst alles entnehmen kann – auf BRILLENträger wäre ich ja nun gar nicht gekommen.
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3. April 2014 um 15:42
Wenn Schiffsschraube, dann eine in Kopulationsbereitschaft und das wichtigste Teil schon ein Stück gekürzt 🙂
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