Ich überlege, was die Leser jetzt denken könnten, was ich damit meine.
Viele in meiner Umgebung bedauern mich und all die anderen, die davon betroffen sind – ich habe den Spieß umgedreht und eine Erfahrung daraus gemacht, die ich sicher so schnell nicht wieder machen werde.
Der dritte April fing für mich folgendermaßen an. 9.00 Uhr, Telefonklingeln, mein Nachbar an der Strippe: „Clara, zieh dir was an, die Bauarbeiter sind bald vor deinem Schlafzimmerfenster!!!“ Vollkommen verschlafen tapste ich auf den Balkon und stellte fest, dass ich noch mindestens 4 Etagen Zeit habe. Da ich aber nun schon mal wach war, stürzte ich mich in die Fotosession.
Ja genau, ich meine die Fassadensanierung. Bevor die Arbeiten anfangen können, muss das Gerüst gebaut werden. Und darauf beziehe ich die Überschrift. Das ist ein Beruf, den ich nie und nimmer ausüben könnte, nicht nur wegen der Armkraft und der vielen, vielen Stufen, die sie täglich steigen müssen – nein hauptsächlich wegen der Schwindelfreiheit. Ich dachte, ich hätte meine Höhenkrankheit überwunden, aber wenn ich hier die Männer beim Aufbauen erlebe, wie sie auf schwankenden Brettern OHNE Sicherheitsplanken oder Rohre stehen und arbeiten, da kribbelt es doch gewaltig in der Magengrube. Vor einer Minute (am 3.4. früh geschrieben) rief ich einem der Gerüstbauer zu „Wenn ich ihnen zusehe, dann wird mir schlecht!“ – und deswegen habe ich das Fenster schnell wieder geschlossen. – Da waren sie noch zwei Etagen unter mir – doch dieser Zustand war am Nachmittag beendet – da war auch meine, die oberste Etage, eingerüstet.
Das ist der Giebel vom Nachbarhaus, der nur aus diesen asbestverseuchten Platten besteht.
Mit einem grünen Kleckerlätzchen davor sieht es doch noch viel „schöner“ aus. Der Container schluckt den Abfall. Das hier ist unser Nachbarhaus.
Hoffentlich hält sich jeder Nichtsnutz daran, wenn er diesem Schild begegnet. Denn sonst könnte ich plötzlich des nachts unwillkommenen Besuch bekommen.
Unsere schönen Rasenflächen werden leiden – da haben danach unsere wunderbaren Hausmeister wieder viel Gärtnerarbeit zu leisten.
Als ich diese Arbeiter so ohne Absperrung auf den Brettern stehen sah, fiel mir ein, wie sich bei mir ausgewirkt hat, dass ich höhenkrank und nicht schwindelfrei war.
So sieht es aus, wenn das Material für das Gerüst per Menschenkette weitergegeben wird. Das geht sehr viel schneller als mit dem Aufzug, der in den oberen Etagen eingesetzt wird. Man braucht nicht so viele Arbeitskräfte dafür.
Die „Burschen“ werden von jemandem ganz schön angetrieben, vielleicht ist es der Chef oder der Eigentümer der Firma. An diesem Fototag fingen sie um 7.00 Uhr an und 18.30 turnte noch immer einer vor meinem Fenster und konnte mir auf den Computerbildschirm sehen. Ob es die gleichen waren, die früh angefangen haben, weiß ich allerdings nicht. – Diese Treppenläufe sind bestimmt sehr schwer – so sahen die Männer jedenfalls aus.
Um diese Platten geht es, die müssen ab. – Wenn ich die Gerüstbauer so schindern sehe, haben sie einen ganz schön harten Job. Von denen muss keiner ins Fitnessstudio.
Während die einen noch Gerüst aufbauen, fangen schon die anderen in ihren Ganzkörperkondomen an, die Platten abzureißen. Irgendwie braucht man als Mieter da ganz schön Vertrauen, dass die alles richtig machen.
Und so sieht es aus, wenn sie bei mir oben angekommen sind – aber noch nicht ganz, es geht noch höher. Und das konnte ich dann hautnah erleben.
Der Gerüstmensch hatte gerade so die oberste Etage des Gerüsts fertig, da fingen schon die ersten drei Kondommenschen an, die Platten abzureißen. MannMannMann, das ist richtig laut. Aber wenn dann alles fertig ist, sieht es bestimmt schnuckelig aus.
So, und nun stellt euch vor, ihr geht ins Wohnzimmer, es ist schon ziemlich dunkel und Tagesschauzeit. Und plötzlich läuft ein Kopf an eurem Balkon lang —- gewöhnungsbedürftig.Doch als er dann noch das Gerüst in der Hauswand verankerte – dafür einen ca. 30 cm langen Bohrer in der Wand versenkte, da sind mir bald die Ohren abgefallen.
Vielleicht muss ich heute Nacht wirklich die Jalousien im Schlafzimmer nutzen.