Übernachtung 1: Hamburg 28.07.17
Ich bin mal kurz hier und dann gleich wieder weg
Es erscheint mir wie eine Ewigkeit, als ich zum letzten Mal hier etwas geschrieben habe. Denn was gerade erst erschienen ist, kann ja dennoch schon vor längerer Zeit geschrieben worden sein.
Eine Bustour durch Südschweden mit einem kurzen Abstecher nach Dänemark ist zu Ende – irgendwie muss ich sagen: zum Glück. Leider habe ich gleich in den nächsten Tagen eine kürzere Reise gebucht, die uns auch per Bus befördert. Könnte ich sie absagen, ich täte das gleich und sofort. Gefühlt haben wir 70 % unseres Tages im Bus gesessen, 5 % vor irgendwelchen Toiletten Schlange gestanden und in der restlichen Zeit wurden wir von mehr oder weniger guten Stadtführern in weiblicher und männlicher Ausführung durch die Sehenswürdigkeiten „gezerrt“. 48 Leute für eine Gruppe ist viel zu viel.
Ich habe für mich die Fahrt als die „TTT-Reise“ bezeichnet – „TransportToilettenTrinkgeld„. Insgesamt haben wir mehr als 2500 km zurückgelegt – die Entfernungen waren größer als gedacht. –
Folgende Konditionen wurden nicht eingehalten:
Dass er auf sein Bus-WLAN bereits seit 1,5 Jahren wartet, ist nicht das Problem der Reisenden, denen ein Vollkomfort-Bus versprochen wurde. – Aber warum er mit der Freischaltung der an jeder Sitzreihe befindlichen Steckdosen so geizte, weiß ich nicht. Am Vormittag, wo Kaffee und Mittagsimbiss für die kaufwilligen Reisenden vorbereitet werden musste, waren die Steckdosen aktiv – aber mein Handy noch von der Nacht mit Strom versorgt. – Doch am Nachmittag war das Handy leer und die Steckdosen tot.
Bei deutschen Busreisenden ist es ja so üblich, dass der am ersten Tag eroberte Platz bis zum Ende der Reise verteidigt wird – ein ungeschriebenes Gesetz. Es war also klar, dass die besten Plätze besetzt waren, da die Hälfte der Gruppe aus Regionen wie Zwickau, Chemnitz, Dresden kamen und in Berlin schon im Bus saßen. Die Hamburger mussten nehmen, was übrig war. Dennoch hatte ich Glück, denn ich hatte die ganze Fahrt eine Bank für mich allein. – Dann ist aber auch weiterhin klar, dass frau immer die gleichen „Hinterleute“ hat. Das Ehepaar auf den Sitzen hinter mir war sehr kommunikationsfreudig – 90 % der Zeit sprach sie mit heller, kreischiger Stimme, auf die meine Hördremmel besonders empfindlich reagieren, und 10 % der Zeit ging er darauf ein. Sie war zusätzlich sehr armbewegungsfreudig und ruckelte fast ununterbrochen an meiner Rückenlehne. Als ich diese aber zurückklappen wollte, protestierte sie so lautstark, dass die halbe Busbesetzung aufschreckte. – Für mich ist klar, es wird nie mehr eine Busreise geben.
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Der Busfahrer hütete die „unbefleckte Empfängnis“ seiner Bustoilette dadurch, dass sie die ganze Zeit verschlossen blieb. Die öffentlichen Toiletten waren zwar sehr oft in Schweden kostenlos und dennoch sauber, aber dafür mit langem Anstehen verbunden. – Hinweise wie diese wurden von den Damen mit großer Begeisterung aufgenommen.
Und im Gegensatz zu Deutschland gibt es sehr viel mehr. – Sogar Ladenbesitzer, deren Geschäft eine Toilette hatten, ließen uns freie Benutzung, auch wenn kaum eine etwas kaufte.
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Und die Trinkgeldstory artete nach meiner Meinung etwas aus – man darf nicht vergessen, dass ja alle Städtereiseführer, die uns eine, zwei oder drei Stunden durch die Gegend führten, diese Arbeit bezahlt bekommen. – Der herumgereichte Trinkgeldbecher war dennoch immer gut gefüllt. – Die Dauer-Reiseleiterin, die sich um keine Stadtführung kümmern musste, sondern nur um organisatorische Hotelfragen, bekam für diese 7 Tage wohl ca. 250,00 € zusätzlich zu ihrem Gehalt, denn keiner legte weniger als 5,00 € in den Becher – die „Empfehlung“ liegt bei einem Euro pro Tag. Die Gruppe war fast 50 Personen stark. – Jetzt ist mir auch klar, wie sie sich ihre kostspieligen Privatreisen leisten kann, von denen sie erzählte.
Der Busfahrer, der sehr gut fuhr, bekam mit der Servicekraft natürlich auch ein reichliches Trinkgeld. Wenn sich die beiden dann noch die Gewinne aus der Getränke- und Essensversorgung teilen, kommt da nach nur einer Woche ein fettes Sümmchen raus. Eine Wienerwurst mit einer Scheibe Weißbrot gingen für 2,00 € unter die Leute und eine Dosensuppe kostete gar 3,50 €. Mich störte am meisten die Wegwerfschalen und das Plastikbesteck – wir haben ja noch so wenig Müll auf der Welt. – Blöd war nur, dass die Mittagsrast immer dort war, wo es nichts anderes zu kaufen gab – da musste frau vorher vorsorgen.
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In 5 Tagen kann man natürlich keinen tiefen Einblick in ein Land bekommen, aber ich habe nur Positives bemerkt:
- Die Straßen und Grünflächen sind alle sauber
- die Häuser oder andere Sachen sind nicht mit Schmierereien oder Graffiti beschmiert
- die Autofahrer sind gelassen und diszipliniert
- das Sozialsystem scheint sehr gut zu sein und vor allem Mutter-freundlich
- die Leute sind auch im Gewühle freundlich und vor allem nicht so hektisch wie viele Deutsche
- wunderschöne riesige Blumenschalen überall in den Straßen und auf Plätzen
Ich kann es gut verstehen, wenn jemand in dieses Land auswandert, wie es zwei von unseren vielen Städteführern gemacht haben.
8. August 2017 um 17:03
Ja, Busreisen haben ihr Für und Wider. Länger als 4 Tage waren wir in den letzten Jahren nicht unterwegs. Das mit dem Trinkgeld kenne ich natürlich auch, aber das „ist halt mal so“ 🙂 Meine nächsten beiden Busfahrten sind Tagesausflüge, da ist das alles etwas lockerer. Immerhin hast du viel gesehen – das ist doch sehr positiv, oder?
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8. August 2017 um 22:26
Hallo Ute, ich glaube bei ganz ehrlicher Betrachtungsweise, dass ich mich mit der Buchung dieser Reise übernommen habe. Es waren mir einfach zu viele Eindrücke, zu viele Neuigkeiten, die ich mir weder merken kann noch auseinanderhalten. Ich merke jetzt nach so wenigen Tagen schon bei den Fotos, dass ich vieles nicht mehr weiß. Ich MUSS nicht jeden Tag zwei neue Städte zu sehen bekommen.
Eine mache ich noch, die war schon vor über einem Jahr gebucht, aber dann ist endgültig Schluss mit der Busfahrerei zum Zwecke des Urlaubs.
Am 31. konnte ich nicht reagieren, da ich keine Mailadresse von dir hatte und in den Blog auch nicht hineingekommen bin. Nachträglich alles Liebe und Gute.
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9. August 2017 um 22:22
Danke für die Glückwünsche, liebe Clara. Nochmals zu den Busreisen – in letzter Zeit streike ich bereits bei den Stadtführungen und schaue mir das lieber auf eigene Faust an. Es gibt immer wieder leicht pikierte Gesichter beim Reiseleiter, wenn ich frage, wann und wo ich wieder am Bus sein soll. Gut, auf deiner Reise war das natürlich kaum möglich.
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10. August 2017 um 10:04
Liebe Ute, die Idee ist erst einmal grundsätzlich gut – aber bei meinem abhanden gekommenen oder nie vorhandenen Orientierungssinn schwer machbar, da ich kaum zum Bus zurück fände. Ich schaffe es nämlich, mich auch mit Navi oder G. Maps zu verlaufen.
Aber solche Busfahrten wird es nur noch ganz, ganz wenige in meinem Dasein geben.
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8. August 2017 um 10:15
Liebe Clara!
Das hört sich ja wirklich mehr nach einem Horrortrip an als nach einer entspannten Erholungstour. Wenngleich es für Dich natürlich zum Nachteil war, ist es einmal mehr herrlich zu lesen. In Deinen Trinkgeldbecher würde ich Dir dafür sofort mindestes 250 Euro stopfen… wenn ich sie hätte 🙂
Und wenn Du fortan keine Busreisen mehr unternimmst, kannst du Dich voll und ganz auf Stadtführungen im Berliner Raum konzentrieren und Dir mit einem lila farbenen Trinkgeldbecher die Rente ordentlich aufbessern. Es kann wohl kaum jemand so gut erzählen wie Du.
Dann hoffe ich jetzt nur, dass Deine nächste Fahrt nicht wieder so eine Anstrengung wird und Du wirklich alles genießen kannst.
Liebe Grüße und gute Erholung
Mallybeau 🙂
PS: Nimm doch auch mal einen Trinkgeldbecher mit, vielleicht schmeisst jemand unwissentlich was rein und Du verdienst Dir ohne Arbeit etwas dazu 🙂
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8. August 2017 um 10:41
Hallo Mallybeau-chen, du schreibst immer so entzückend, dass die Verkleinerungsendung ein Sympathiebeweis ist.
Wäre ich Reiseleiterin, gäbe es wirklich mehr zu lachen als bei unserer, die alles nur nackte Fakten übermittelt hat – aber zum Glück in einer auch für mich verständlichen Aussprache.
Ich habe gerade bei dem Reiseunternehmen angerufen und das mit der Stromversorgung im Bus bekrittelt.
Die nächste Fahrt hat auf jeden Fall den Vorteil, dass wir nur einmal auf der Hinfahrt übernachten und dann 4 Nächte im gleichen Hotel zubringen. – Und dann ist erst einmal für Jaaaaaaaaaaaaaahre genug gereist, so dass ich dein liebenswürdiger Weise angebotenes Trinkgeld nicht dringend brauche, auch ohne „dringend“ nicht.
Ich bin voll und ganz mit der Bildbearbeitung beschäftigt – knapp 400 waren es, ca. 50 gelöscht, reicht immer noch für „richtig Arbeit“
Mache es gut! Grinsende Grüße von Grunzclara
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