Claras Allerleiweltsgedanken


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Eine Erweiterung der Retrospektive (5)

Gegenwart und Vergangenheit

Gut, dass zur Zeit immer noch Masken „modern“ sind, da kann ich mein verbeultes Gesicht und andere Unschönheiten gut verstecken. Der blaue Fleck wird größer und ist keine Wanderniere ein Wanderfleck, der immer tiefer rutscht. – In der Schüssel seht ihr ein Pürierstabergebnis aus 2 riesigen Kohlrabis mit 3 großen Kartoffeln, Brühe und Gewürzen – schmeckt nicht übel. Und Eis oder Paradiescreme mit flüssigen Erdbeeren ist DER HAMMER!

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Die Himmelhochs und die Staatssicherheit

Das ist jetzt nicht richtig, wenn ich von allen Himmelhochs spreche, denn es geht nur um die „Mama Himmelhoch“ und den „Sohn Himmelhoch“ – die hatten beide – ohne dass sie das je gewollt hätten, häufig mal Kontakt, eher aber Zusammenstöße, mit dieser unbeliebten Institution.

Clara in der 10. oder 11. Klasse – nach dem Mauerbau. Es kommt die Mode auf, sich alte Münzen um den Hals zu hängen, z.B. aus dem Kaiserreich – ich habe keine und bleibe münzfrei. Doch als alle Münzen-Mädchen zum Direktor müssen, erwacht mein Oppositionsgeist.

Ich habe eine Gedenk“münze“ vom Katholikentag, darauf ist das Osterlamm und ein roter Stein- alles in Messing (zumindest in meiner Erinnerung). Schnell Loch gebohrt und am nächsten Tag umgehängt.

Da ich politisch schon wegen der NICHT-Unterschrift unter das „Mauer-Begrüßungs-Schreiben“ keinen so guten Ruf hatte, wurde ich gar nicht erst zum Direktor bestellt, sondern gleich zur Dienststelle der Staatssicherheit Görlitz.

Der mitteljunge Mann will mit mir über Ästhetik sprechen, er findet den Anhänger unschön. Er selbst aber trägt eine karierte Hose, ein gestreiftes Hemd und einen geblümten Schlips. Und was haut die schlagfertige Clara raus? „SIE wollen mit mir über Ästhetik sprechen, haben Sie sich schon mal im Spiegel angesehen?“ – Das hat er wohl in den falschen richtigen Hals bekommen – das Gespräch war sofort beendet und wahrscheinlich ein weiterer Eintrag in meiner Akte. – Sicher bin ich damit über das Ziel hinaus geschossen und einem Erwachsenen gegenüber zu frech gewesen, aber ich konnte diese „Institution“ von Anfang an nicht leiden. – Ob er das „Objekt des Anstoßes“ behalten hat oder es mir zurück gegeben hat, weiß ich nicht.

Dennoch hat die Staatssicherheit schon in meinen frühen Jahren einen „Narren an mir gefressen“, obwohl sie mir nie einen Antrag gemacht haben, in ihren Reihen mit zu schnüffeln und zu horchen – offenbar wollten sie sich keinen Korb holen. – Es passierte folgendes. Unser Klassenmusikensemble (unser Klassenlehrer hatte den Ehrgeiz, aus ca. 20 Jungfrauen- und 4 Jungmännerstimmen einen [schlecht] singenden Chor zu machen, um mit diesem aufzutreten) sollte oft auftreten. So gab es im Mai 1964 das dritte Deutschlandtreffen in Berlin, an dem wir teilnahmen. Als ich mich absetzte, weil ich mich in der Wohnung einer Tante mit jemand verabredet hatte, erschien bei meiner Mutter in Görlitz fast zeitgleich eine Such- und Forsch-Abordnung, die fragte, ob meine Mutter über meinen Aufenthalt informiert sei. – War sie natürlich nicht. – Mein Gott, wie kann eine junge Dame in diesen Zeiten nur so aufmüpfig sein!!!

Was alles zu meinem FDJ-Ausschluss in der 11. Klasse beigetragen hat, kann ich nicht sagen, auf jeden Fall bin ich im Gegensatz zu den anderen Kandidaten – nicht zu Kreuze gekrochen. Schlecht für mich war, dass meine in den Vorjahren engste Freundin in der Zwischenzeit „dunkelrot“ geworden war und vieles über mich preis gegeben hat, was andere nicht wussten.

Von meiner mir sehr gut gesonnenen Deutschlehrerin habe ich erfahren, dass ich am Ende der 11. Klasse von der Schule „geworfen“ werden sollte. Das Kollegium sollte abstimmen – ich hatte zwei Stimmen mehr für meinen Verbleib. – Es wäre doch schade um die drei nutzlos verplemperten Jahre – denn ohne Abitur konnte man fast nichts mehr werden.

Wer in der Klasse der Stasiinformant war, haben wir Jahre später erfahren. Es war der frömmste evangelische Mitschüler. Er hat sich niemals zu einem einzigen Klassentreffen getraut – vielleicht hatte er noch nachträglich Skrupel.

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Nach der Wende habe ich in meiner Berliner Stasiakte (die Görlitzer und Dresdener Akte habe ich nicht anfordern lassen) viel unnützes Zeug gelesen, u.a. waren wir lange Zeit in der Postüberwachung.

Ärger habe ich bekommen, als ich lauthals aufgelacht habe, als ich eine Briefkopie meines Zweitklässlers an seinen (Polizei-)Onkel in Wuppertal entdeckte, weil er sich irgend etwas gewünscht hat. – Die mussten einfach zu viel Zeit gehabt haben.

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Der Sohn besuchte eine Bildungseinrichtung, die nannte sich „Berufsausbildung mit Abitur“. Anfang des Jahres 1989 wurde die Flüchtlingswelle immer stärker – die Leute versuchten es über Ungarn oder „stürmten“ die Prager deutsche Botschaft, natürlich die der Bundesrepublik. Was dort Dietrich Genscher Ende September verkündet hat, wissen wir sicherlich alle noch.

Der Sohn, politisch aktiv in der Organisation „Kirche von unten“ hing in seiner Schule einen Artikel auf, in dem er seine Mitschüler aufrief, nicht zu flüchten, sondern das Leben in der DDR zu verändern. – Warum das nicht honoriert wurde, verstehe ich nicht – wahrscheinlich wollten die Oberen keine Veränderung.

Es ging mit Riesenschritten auf den 40. Jahrestag der DDR am 7. Oktober zu. Jeden Montag gab es – nicht nur in Leipzig – Demonstrationen von DDR-Leuten, die Veränderungen wollten.

Der DDR-Führung war bewusst, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis Leute durch dieses Tor laufen werden.

 

Am 7. Oktober 1989 klingelt es in aller Herrgottsfrühe an unserer Wohnungstür. Zwei Männer reichten durch die von der Kette zugelassene Öffnung einen Kripo-Ausweis und fragten, ob mein Sohn zu Haus sei. Ich: „Mein Sohn ist nicht kriminell, warum zeigen Sie nicht den richtigen Ausweis?“ – Sie wollten die Sache nicht im Hausflur besprechen – mich hätte es nicht gestört. Ich musste sie einlassen.

Einschub: Im Haus selbst war eine Niederlassung der Staatssicherheit, natürlich als Polizeidienststelle getarnt. Ich hatte mich gewundert, warum ich ziemlich schnell einen Telefonanschluss bekam, und dann noch einen Einzelanschluss. Die Telefontechniker schauten mich bei der Einrichtung voller Verachtung an. – Ich werde den bekommen haben, da wir unter aktiver Telefonüberwachung standen.

Sie erklärten dem Sohn, gerade 18 Jahre jung, dass er einen persönlichen Bewacher bekommt, der ihn am Feiertag überall hin begleiten wird. – Nun hatte das Haus aber einen Vorder- und einen Hinterausgang und der Sohn ist mit seiner Bauernschläue ein wenig nach der Mutter geraten.

Der Mensch saß tatsächlich im Trabant – gegenüber unserer Haustür. Mal hat er den „Kumpel“ geärgert, hat das Haus hinten raus verlassen und dann an seiner Autoscheibe geklopft: „Wenn du nicht besser aufpasst, dann bin ich schnell weg. Aber da ich weiß, dass ich dann großen Ärger bekomme, nehme ich dich überall mit!“

Das „überall“ wurde dann aber von dem Stasimenschen allein eingeschränkt. Als der Sohn abends zu einer Veranstaltung der „Kirche von unten“ gehen wollte, hatte der Kerl wohl doch Angst um sein „Fell“ – jedenfalls beendete er lieber die überwachende Begleitung.

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In Haft oder zu einer wirklich drangsalierenden Befragung war zum Glück keiner von uns beiden – man muss ja nicht alles im Leben ausprobieren.

Ich bin nach wie vor der Meinung, dass zumindest die Sohnakte lange Zeit vom BND weitergeführt wurde. – So etwas alles mitzumachen, muss ja graue oder weiße Haare mit sich bringen – und die gegenwärtigen Temperaturen unter dem Dach sind auch nicht von schlechten Eltern. – Ich bin ja für mein schlechtes Gedächtnis bekannt – warum kann ich mich gerade an solche Dinge noch ziemlich genau erinnern – und habe stattdessen bessere Sachen vergessen.


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Viel Gutes und wenig Ungutes ist hier passiert

Nach dem Gleichnis in der Bibel, in dem Jesus bei der Hochzeit zu Kanaan Wasser zu Wein gewandelt hat, und somit der bessere Wein nach dem nicht so guten kredenzt wurde, will ich jetzt mit den guten Sachen anfangen.

Wirklich ganz sehr habe ich mich über zwei Weihnachtskarten von langjährigen treuen Blogfreundinnen gefreut. Die meisten werden den Stil sofort erkennen, aber sicherheitshalber sage ich dazu, dass es Mallybeau und Helma Ziggenheimer sind, die diese „Sammelexemplare“ produziert haben.

Den weißen Fleck auf der Brille kann ich noch nicht so richtig deuten – bei Mallybeau bedeutet aber immer alles irgendwas. Ein Schönheitsfleck kann es nicht sein, der müsste tiefer und dunkler sein.

Bei Helma war der lila Pilzhut natürlich Absicht und der Wunsch hat sich auch erfüllt.

Da offenbar alle wissen, was für ein „Backwunder“ ich bin, habe ich von meiner Quasi-Schwiegertochter ganz leckere Kekse bekommen. So sah mein kleiner, aber leckerer Gabentisch aus:

Und dass ICH keine Marmelade zubereite, hat sich offenbar auch rumgesprochen – wie schön.

Auf meinem „Gabentisch“ konnte ich ein „Geschenk“ aufbauen – die vielen Sachen, die ich für meine Augen bestellt hatte und die zum Glück noch geliefert wurden. Ich war ohne Termin beim Augenarzt, weil ich vor lauter Brennen und Jucken kaum noch gucken konnte. – Ich bestellte alles online, weil es sonst fast das Doppelte gekostet hätte. Alles lief über Privatrezept und demnach über privat bezahlt.

Am Heiligabend war ich bei meinem Sohn und seiner Freundin – also meine Quasi-Schwiegertochter – eingeladen. Am Anfang hat mir mein Sohn gezeigt, wie sie auf dem neuen Grundstück geackert haben. Da sie einen Kamin in dem Wohnhaus übernommen haben, lohnte es sich, aus dem gefällten Baum Brennholz zu machen. Es muss eine wirkliche Schinderei gewesen sein, was sie alles geschafft haben.

Die Ente im Backofen schmorte – gut begossen – vor sich hin, während wir vier (die Mutter von E. war auch dabei) Leckereien zum Kaffeetrinken in uns rein naschten. Die Ente war nur für meinen Sohn und mich gedacht, weil sich die beiden anderen vegetarisch mit Suppe, Klößen, Rosenkohl, Rotkohl und Grünkohl, Sauce und Obstsalat als Nachtisch begnügten. Deswegen konnten wir ganz großzügig diesem „älteren Herrn“ was von der Ente und ihren Knorpelteilen abgeben. Offenbar hat es ihm so gut gemundet, dass er müde vor sich hin schlief.

Den Obstsalat habe ich fett markiert, weil er mein Part war. Auf Wunsch eines einzelnen Herrn wurden die Rosinen und der Chicorée weggelassen. Die Herstellung wurde in etwas größerem Rahmen gefertigt, weil noch zwei Extraschüsselchen verschenkt wurden.

Ich hatte ja von einigen von euch den Rat bekommen, die zu harten Mandelhörnchen aufgeweicht zu verwenden – habe ich natürlich gleich und sofort gemacht und es schmeckt wirklich supergut und supersüß.

So – jetzt ist das Gute abgearbeitet und es kommt der Schreck vom ersten Feiertag.

Als ich munter und ausgeschlafen das kleine Fenster zum Lüften öffne, sehe ich mit Schreck und Graus, dass sich der winzige Riss von ca. 1,5 cm am unteren Rand über die gesamte Scheibe bis nach oben ausgebreitet hat. Eine Mail ist schon an die Fensterfirma verschickt. Ich denke, dass im Winter bei diesen eisigen Temperaturen kein Glasscheibenwechsel beim Glaser passieren kann, denn es sind ja 3 Scheiben als Verbundfenster. – Der Riss ist nicht zu übersehen.

 

 


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Notruf ade – Trennen tut weh …

… aber dein Weggehen macht, dass mir das Herze lacht!!!

Als ich das Gerät mit allem Zubehör dem Mitarbeiter bei den Johannitern in die Hand gedrückt habe, erkundigte ich mich noch einmal nach dem letzten ausgelösten Notruf. Erst im Nachhinein ist mir klar geworden, dass das hätte RICHTIG TEUER werden können, denn die hätten ja nicht mit dem im Schlüsseltresor hinterlegten Schlüssel in die Wohnung gekonnt, weil ich ja das dicke Sicherheitsschloss betätige, wenn ich außer Haus gehe.

Dieser Mitarbeiter meinte, dass der Alarm NICHT von dem Jackenärmel ausgelöst wurde. Als er mir aber demonstriert hat, wie WENIG man drücken muss, um einen Alarm auszulösen, habe ich ihm seine Theorie nicht geglaubt.

Schluss jetzt damit – es ist abgegeben und: Aus den Augen, aus dem Sinn.

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Dass ich mir eine Schutzhülle mit anhängender langen Strippe gekauft habe, um das Handy fast immer bei mir zu haben, schrieb ich ja schon. Alles ist angekommen und gefällt mir auch sehr gut. Im Bus hätte es fast ein kleines Malheur gegeben, denn einer von den Endsteckern landete auf der Erde, ohne dass ich es hörte oder bemerkte. – Dann hätte ich vielleicht einen Ersatz bestellen können.

Mein Sohn hat eine Firma, die aus dem Material Biothane für Hunde Leinen, Geschirre und Maulkörbe herstellt. Diese „Bänder“ hat er in sehr, sehr vielen Farben und in unterschiedlichsten Breiten und Stärken. Nichtsdestotrotz habe ich mich für schwarz und nicht lila entschieden.

Die kleinsten Karabiner sind passend für die Ösen und ich kann das Band bei Bedarf ganz schnell aushaken. – Auf diesem Foto sieht man beide Bänder – das mitgelieferte gewebte und das neu hergestellte aus Biothane. – Mal sehen, welches ich mehr benutzen werde.

Wenn ich das Mobilphone schon immer an der Frau tragen will, dann ist vielleicht eine NotfallApp von Bedeutung. Der Wilhelm hatte das ja erwähnt – und ich habe auch sofort eine gefunden und eingerichtet.

Nachdem ich der App alle notwendigen Geheimnisse anvertraut hatte, habe ich die Demoversion ausprobiert. Wenn dann die entsprechende Stelle, die ich mir aussuchen kann – Polizei, Feuerwehr, Giftnotrufzentrale oder andere – meinen Notruf bekommt mit allen wichtigen Angaben wie Handynummer, Alter, Symptome und Adresse – da KANN ja hoffentlich nichts mehr schiefgehen.

Aber dennoch möchte ich keine Probe aufs Exempel machen!

 


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Und wer im März geboren ist …

Bis vor einiger Zeit traten zwei Geburtstagskinder aus meiner unmittelbaren Umgebung bei diesem Lied in den Kreis und machten – so sie das noch konnten – einen Knicks oder einen Diener.

Als es die Oma für den Enkel nicht mehr gab, muss und darf er jetzt allein Geburtstag feiern.

Dieses Gefäß fand ich passend für dich, lieber Sohn.

  1. Leben machst du ja jetzt schon ein paar Jahre – und schlecht war es nur zwischendrin mal, als dich keiner bei sich arbeiten lassen wollte. Da hast du nach Himmelhochmanier den Stier bei den Hörnern gepackt und selbst ein Geschäft eröffnet, mit dem du sicher schon viele Hunde und ihre BesitzerInnen glücklich gemacht hast.
    Weiterhin gute Ideen und viel Kraft dafür.
  2. Lieben ist seit einiger Zeit etwas aufgerückt im Kurs – und das finde ich sehr schön. Es möge eine lange Zeit so bleiben und schön sein.
  3. Lachen – man sagt ja, ein Chef hat nichts zu lachen – ich hoffe, dass das anders ist. Ansonsten lache mit anderen Leuten, du findest bestimmt genug.
  4. Lallen – nach zu viel Alkohol kann das schon mal passieren, doch ansonsten wünsche ich dir, dass das ab und an mal auftretenden Alterslallen noch eine Weile auf sich warten lässt.

Und jetzt schicke ich dir deinen Herzhund Lenny vorbei mit Geburtstagsblumen.


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Früh übt sich … RB

Diesen Wiederholungsartikel widme ich meinem wunderbaren Sohn. Da er hier nicht mitliest, weil er keine Zeit hat, kann ich ihn bis über den grünen Klee loben, ohne dass er eingebildet wird. 🙂

Seit einiger Zeit hat er sich mit einem Geschäft selbständig gemacht. Er und eine Angestellte produzieren hauptsächlich aus Biothane Leinen, Halsbänder, Geschirre für Hunde und Pferde. Er hat bei den Investitionen richtig geklotzt – dabei kommen ihm die als Kind und als Student gemachten Erfahrungen zu Gute. In einigen Tagen feiert er im großen Kreis offizielle Eröffnung seines Ladengeschäftes in Berlin-Friedrichshain.

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April 2010

… wer ein guter Finanzoptimierer werden will

Wie jeden Sommer bereitete die Clara-Familie ihren Urlaub vor, wieder war Bulgarien das Ziel (Der Mastika schmeckt dort so gut, *grins*). Sollen alle Sachen von vier Personen für sechs Wochen in einen Wartburg Kombi passen, muss über jedes Stück gründlich nachgedacht und eventuell auch demokratisch (autoritär) diskutiert werden, denn Dachgepäckträger oder Gepäckboxen hätten den schnellen Ritt von Hannibal gebremst. Zeltzeug, Campingmöbel, Kochausrüstung und ähnliches mussten neben Schwimmflossen, Sonnencreme und ähnlichen notwendigen Sachen verstaut werden. Für die Packkünste war Hannes zuständig – Theres half ihm dabei mit mathematischer Logistik. Offensichtlich war das für sie gelebte Geometrie.

Kurz vor der Abfahrt bat Clemens seine Finanziers um einen „Kredit“. Die geforderte Summe erschien für einen Zehnjährigen ungewöhnlich hoch. Das Bankkonsortium kannte jedoch sein besonderes feeling für Geld – also stimmte es der Sache zu und betrachtete es als „Frühkindliches Experiment im Umgang mit größeren Finanzmitteln“. Die Hausbank wäre durch den Verlust dieser Summe (ca. 100,00 Mark) nicht ernsthaft in den Ruin getrieben worden bzw. hätte sie notfalls auf die Spareinlagen des Klienten zurückgreifen können.

Die letzten Tage war zu beobachten, dass der Filius  eifrig in seinen Münzalben blätterte, Münzen entnahm und Listen aufstellte. Seit der ersten Auslandsreise sammelte er die Münzen aller Länder. Der Länder, die von Hannibal erobert werden durften, und auch die der anderen.

In jedem Ort, der zu einem kürzeren oder längeren Aufenthalt einlud, zog es Clemens eifrig an diese Kioske, die Sachen ausliegen hatten, die jedes DDR-Kinderherz höher schlagen ließen. Jedes Mal kam er mit einem relativ prall gefüllten Einkaufstütchen zurück. Das betrieb er wohl solange, bis der Kredit oder der Platz im Auto oder beides aufgebraucht waren. Nachfragen ignorierte er standhaft.

Auf dem Zeltplatz konnten die restlichen Familienmitglieder mit Staunen beobachten, wie das junge Finanzgenie die „Vermehrung seines Münzsammlungsreichtums“ in Angriff nahm. Zur Erklärung sei vornweg gesagt, dass Clemens ein viel jünger aussehender, goldbraun gebackener, strohblonder Junge war, der alljährlich in Ländern mit dunkelhaarigen Kindern auf der Liste „Entführungsgefährdet“ stand – vorausgesetzt, solch eine Liste hätte existiert. Er legte sich die komplette Sammlung von DDR-Münzen auf den Unterarm – denn er wollte ja tauschen, nicht betteln – und ging zu Zelt-Familien aus aller Herren Länder.

Wie er seine Sammelabsichten geäußert hat, kann hier nicht niedergeschrieben werden, denn er wollte keine Zeugen dabei haben. Wahrscheinlich hätten dabei Erziehungsautoritäten auch wirklich nur gestört. – Fakt ist, kurz nach seinem Auftauchen vor irgendeinem Zelt wurden befreundete Familien gleicher Nationalität lautstark zur Unterstützung herbeigerufen, bis alle Münzen gefunden waren. Besonders die Italiener legten einen besonderen Eifer an den Tag, dieses Kind glücklich zu machen.

Versteht irgendjemand, warum niemand sein DDR-Geld wollte?????? Und er alle Münzen immer und immer wieder zurück brachte???

Das wiederholte sich solange, bis er alle Posten seiner vorher erstellten Liste abgearbeitet hatte. – Im heimatlichen Berlin wurden dann Kataloge gewälzt, Münzen geputzt und Alben gefüllt, zum Glück aber keine Reichtümer angehäuft.

Drei Wochen etwa benötigte Clemens dafür, das Geld für die Rückzahlung des Kredits flüssig zu machen. An Klassenkameraden und Freunde verkaufte er die Sachen, die er auf der Reise in größerer Stückzahl gekauft hatte. Sein leichter Aufpreis hatte mit den üblichen Handelsspannen nichts zu tun und kann durchaus mit seinem Arbeitsaufwand begründet werden.

Ist es irgendwie verwunderlich, dass später das Studienfach BWL hoch im Kurs stand?

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Original: https://chh150845.wordpress.com/2010/04/18/fruh-ubt-sich/

Kommentare: april, paradalis, Sunny11178, Ute,