„Eine Geburt und ein Marathon sind starke Glücksmomente. Hinterher. Währenddessen würde man das als Außenstehender nicht vermuten, allein schon vom Gesichtsausdruck her.“
(Dr. E. von Hirschhausen)
… natürlich nicht allgemein, sondern nur speziell, denn über andere als die eigenen kann ich nichts sagen. – Da ich sehr viel von heutigen Müttern über ihre Entbindungen höre, in verschiedenen Blogs auch schon darüber gelesen habe, packt mich die Lust, über die meinigen auch ein wenig schriftlich nachzudenken.
Ich kann mich dunkel erinnern, dass ich einige Zeit vor dem berechneten Termin einen „Kurs für schmerzarme Entbindung“ besuchte. Von hecheln, veratmen, drücken, pressen und noch einigen anderen Tätigkeiten war dort die Rede. Bei mir muss das nicht bis ins „Tiefhirn“ vorgedrungen sein, denn als ich es gebraucht hätte, hat nichts davon funktioniert.
Der errechnete Termin war ran, die Herztöne nicht rosig – also Einweisung ins Krankenhaus, Fruchtwasseruntersuchung. Warum man mich nicht mehr nach Haus ließ, weiß ich nicht – auf jeden Fall „drohte“ mir nach einer Woche Terminüberschreitung eine Einleitung. Der wollte ich entgehen. Von einer Mitpatientin bekam ich den Rat: Rhizinus und helles Bier – ein unfehlbares Mittel. Nun lässt sich auf einer Station das erstere ohne weiteres bekommen, aber helles Bier gehört nur bei Privatpatienten zum Standardlieferumfang. Also: auf in die Kneipe. Einen Mantel über das Nachthemd gezogen und zur nächsten Kneipe gewandert. Dort gab es natürlich ein Riesenhallo, denn mein Bauch war gefühlte Meter vor mir in der Eingangstür.
Was soll ich sagen, Bier blieb ungenutzt im Nachttisch, Rhizinus ungeschluckt – denn in den frühen Morgenstunden kündigte sich der Fortschritt durch Pfütze im Bett an. Mit gesprungener Blase ging es auf die Entbindungsstation, allerdings nach mehreren Stunden auch wieder zurück, da nichts den Fortgang vorantrieb. Einlauf, erneute Blasensprengung, leichter Wehentropf. In der Nacht psychische Qualen gelitten, da im Nachbarbett eine Frau mit einem abgestorbenen Kind lag. – Früh wieder in den Kreißsaal. Alles noch einmal, aber dann kräftiger wirkender Wehentropf angelegt. Wehen – am Tropf angekettet, kann man nicht so richtig verarbeiten. Wenn sie mich anmaulten, bot ich ihnen immer wieder an, mit mir zu tauschen, aber keine wollte.

Und was soll ich sagen: Am nächsten Morgen kurz nach 9.00 lag dann das „Ergebnis“ aller ärztlichen, hebammlichen und mütterlichen Anstrengungen auf meinem Bauch – völlig rotgequetscht im Gesicht, da nicht normal als Hinterhauptslage durch den Kanal gewutscht, sondern als sogenanntes „Sternenguckerkind“ (Gesichtslage) gekommen. Deswegen hat es auch so ewig (37 Stunden) gedauert, mir von den Hebammen die Note 5 für mein Geburtsverhalten mit heftigem Schreien eingebracht und die Genugtuung, dass der Oberarzt die Hebammen angeschnauzt hat, warum sie nicht gesehen haben, wie schlecht es mir geht und ihn nicht eher gerufen haben. Ihre Entschuldigung: „Wir wollten Sie im Bereitschaftsdienst nicht stören!!!!!!!!!!!!!!!!!“ Er hat einmal kräftig das Skalpell angesetzt und die Presswehen waren von Erfolg gekrönt. – Ist er denn nicht süß, mein kleiner „Buddha“, hier mit 13 Tagen, als die Geburtspressuren abgeheilt waren. Als der erste Geburtstag nahte, hieß das nicht, dass sich Haare nahten. Ich habe mir immer tapfer eingeredet: Meine Kinder haben es eben im Kopf, und nicht auf dem Kopf. Mit etwas musste ich mich ja trösten, wenn andere Mädchen mit 2 1/2 Jahren fast schon Zöpfe, das unsere noch nicht einmal „Streichhölzer“ hatte.
Meine Frage, gleich noch im Kreißsaal mit Kind auf Bauch, gestellt: „Bei der nächsten Entbindung wird es dann doch aber leichter?“ hat die unsensiblen Hebammen dann wohl doch etwas verwundert und mir gegenüber milder gestimmt – dass ich kurz nach dieser Strapaze gleich an die nächste Entbindung gedacht habe. – Wie sehr hätte ich mich unter den damaligen Umständen nach einer PDA gesehnt!

Um so leichter war die zweite nach zwei Jahren. Wieder wehenloser Blasensprung in den allerfrühesten Morgenstunden, noch in aller Ruhe ausgeschlafen, für dieses Verhalten wieder gerügt worden – doch dann passierte auf der Entbindungsstation auch erst mal nichts, da alles Personal mit den stöhnenden, pressenden, hechelnden Gebärenden beschäftigt waren. Ich lag im Kreißsaal und las in aller Ruhe, von keinerlei Wehen behelligt. – Als ich den Damen gegen 11.00 Uhr klarmachte, dass die Sache noch heute beendet sein sollte, weil ich das Kind gern als Geburtstagsgeschenk für meine Mutter zu ihrem 56. Ehrentag haben wollte, legten sie mir gegen 11.30 Uhr einen Wehentropf. Als ich kurz vor 14.00 Uhr darum bettelte, mir doch wieder durch einen schnellen Schnitt Erleichterung zu verschaffen, lehnten sie (mit Recht) ab, denn der Knabe lag ein paar Minuten später unversehrt auf der Liege. Der Oma wurde gratuliert, als sie im Kreißsaal anrief und zum Enkel gratuliert. Ich war in den nachfolgenden Tagen sehr froh, ohne Schnitt entbunden worden zu sein, denn ich konnte richtig sitzen und am dritten Tag nach Haus, da ich mich quietschvergnügt fühlte. Das Kind, das ich voller Freude seiner „großen“ Schwester mitbrachte, war dieses:

Hier allerdings schon mehr als 3 Monate alt. Eines ist heute wie damals: die Länge und die Menge seiner Haare. 30 Jahre dazwischen war es mal anders.
Und als das mit den Haaren gar nichts werden wollte, haben wir eben aus dem Jungen ein Mädchen gemacht und ein wenig nachgeholfen, doch das hat sich der zarte Knabe von 2 Jahren beim KITA-Fasching nur kurze Zeit bieten lassen. Dann wurden die Haare in die Ecke gepfeffert.
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