Gleich zur Eröffnung meines vorgeschriebenen Wahllokals werde ich mit einem großen Badehandtuch vor der Tür stehen. Warum ein Handtuch? Wir Deutschen sind es so gewöhnt, im Urlaub die Liege am Pool oder Strand als unser Eigentum zu kennzeichnen – und das wird im allgemeinen auch akzeptiert von den anderen Badegästen.
Dann kaufe ich mir eine Tageskarte für eine Wahlkabine. Frau ist ja schließlich nicht mehr die Jüngste – und ehe sie die ganzen langen Wahlzettel studiert hat, vergeht schon einige Zeit – zumal Claras Politikinteresse gen Null strebt – deswegen braucht sie noch viel länger zum Lesen als andere.
Und dabei will Clara es schließlich gemütlich haben – deswegen das Badehandtuch. Falls nur ein Stuhl in der Kabine stehen sollte – man soll ja immer allein dort hineingehen, um sich nicht von jemandem falsch beraten zu lassen – wird sie unter irgendeinem Vorwand um einen zweiten Stuhl bitten. Dann kann sie es sich schon deutlich gemütlicher machen.
Für die Berliner steht ja morgen eine sogenannte Marathon- oder Monsterwahl bevor. Marathon deswegen, weil wir nicht nur zwischen den drei (un-)geliebten Kandidaten/-in für das Amt des Staatsoberhauptes (watt’n Glück, hierfür gibt es keine gegenderte Form – oder hat schon jemand von einer „Häuptin“ gelesen???) bzw. deren Partei wählen müssen. Diese drei hoffen natürlich, dass alle Leute ihr Kreuz bei einem der drei machen – dabei ist die Liste der Kreuz-Anwärter noch unendlich lang. Dabei will ich weder von den Linken noch den Rechten sprechen, sondern von den ganz kleinen Splitterhäufchen, die nie im Leben die 5%-Hürde schaffen. Will Clara den Wahlzettel nicht ungültig machen, aber diese drei unwürdigen Vertreter für die Deutschlandführung nicht belohnen, dann macht sie ihr Kreuz zum Beispiel beim „Team Todenhöfer – die Gerechtigkeitspartei“. Da ja solche Aussagen nicht unbedingt überprüfbar sind, wird sie auf ihrem Badelaken noch ein wenig vor sich hingrübeln.
Nein, wir wählen gleichzeitig die Berliner Regierung, also quasi den oder die Regierende/n Bürgermeister/in. Franziska Giffey von der SPD, die mir schon als Ministerin nicht gefallen hat, will jetzt dieses Amt erhaschen, nachdem sie schon neue Berliner SPD-Chefin geworden ist. – Und damit will sich Clara in ihrer kuscheligen Wahlkabine nun gleich überhaupt nicht befassen. – Die an die Laternenpfähle gehängten Wahlplakate sagen nichts bis gar nichts aus, weil man fast überall nur (dämlich) grinsende Gesichter sieht.

DieserCDU-Jan-Marco-Luczak hat schon zweimal meinen Briefkasten gefüllt. Seine Broschüre war werbetechnisch recht gut gemacht, hat aber andererseits in der Herstellung nicht wenig Geld gekostet und sicher kaum einen CDU-Gegner oder eine Gegnerin davon überzeugt, zu dieser Partei zu wechseln. Und – als hätte er es geahnt – ist er noch einmal mit einem Schreiben angetreten, um meine Stimme zu erobern. – Dieses gesamte Geld, was für Wahlwerbung zum Fenster rausgbeschmissen wird, wäre zur Beseitigung der Flutschäden weitaus sinnvoller eingesetzt wordne.
Vorbild für all diese Politikergesichter ist ja unser Grinse-Kanzler-Kandidat. Warum ist dieser Name so dicht an „Lusche“ dran?
Und sollte das alles noch nicht ausreichend Stress sein, kommt dann noch ein Volksentscheid dazu. Es soll über die „Erarbeitung eines Gesetzentwurfs durch den Senat zur Vergesellschaftung der Wohnungsbestände großer Wohnungsunternehmen“
Ich verstehe schon kaum den Titel, geschweige denn den Inhalt.
Also werde ich wohl die Zeit bis zur Schließung des Wahllokals in meiner Kabine gemütlich machen. Sicherheitshalber nehme ich Kaffee, Kuchen und Salat mit, damit meine grauen Zellen genug Nervennahrung haben.
Und dann setze ich mich an den Fernseher, um die ersten Hochrechnungen zu bekommen.
Sollte es jetzt vier Jahre lang grinsend vom Bildschirm strahlen, dann beiße ich in die Tischkante und gefährde meinen Zahnbefund vollständig.
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