Claras Allerleiweltsgedanken


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Clara, Sie haben in Sachen Ihrer Nachbarin …

… hier im Blog zu erscheinen

Vom plötzlichen und wirklich vollkommen unerwarteten Tod meiner Nachbarin hatte ich hier schon mal etwas erwähnt. Sie war mit ihrem Mann, der am Neujahrstag seinen 72. Geburtstag erwartete, im Haus bei gut befreundeten Nachbarn zu einer kleinen Silvesterfeier, da man von deren Balkon einen weitaus besseren Überblick über das Feuerwerk hat als aus Parterre.

Aber irgend etwas war mit ihrer Gesundheit in den letzten Monaten offenbar doch nicht so 100%ig in Ordnung, denn plötzlich ging sie mit Rollator, was man sich bei ihrer Quirligkeit gar nicht vorstellen konnte. Und als nächstes klagte sie darüber, dass sie ihre Augen nach einiger Zeit nicht mehr offen halten kann, weil die Lider runterklappen. Irgendwo tauchte die Verdachtsdiagnose ALS auf, doch ob daran wirklich etwas dran war, weiß ich nicht.

Jedenfalls brach sie mit dem gerade vor einer halben Stunde ins neue Lebensjahr eingetretenen Ehemann auf, weil sie das dringende Bedürfnis nach ihrem Bett verspürte.

Auf den 8 Stufen vom Fahrstuhl zu ihrer Wohnung musste sie sich hinsetzen – und wohl keine zwei Minuten danach war sie tot. Die sofort gerufenen Rettungssanitäter versuchten zwar noch kurz eine Reanimierung – aber der Eintritt des Todes war inzwischen schon so viele Minuten vorbei, dass eine Wiederbelebung nur mit schwersten Hirnschäden möglich gewesen wären.

Es kam wohl auch noch die Polizei, um jegliches Fremdverschulden auszuschließen.

Ende Januar war die Beerdigung, die von vielen, vielen Leuten mit ganz vielen Blumen, Sträußen und Kränzen begleitet wurde.

Mein Abschiedsgruß fiel klein, aber „herzlich“ aus.

Schon in der langen Zeit zwischen Tod und Beerdigung (24 Tage) und vor allem danach fing das andere Leben für den Witwer an. Mit vielen Sachen wie hochkompliziertem Induktionsherd, ab und an muckendem Geschirrspüler und anderen Technikgeräten musste er sich schnell vertraut machen, wenn er den übervollen Inhalt von Kühlschrank und Gefrierfach nicht verderben lassen wollte. – Doch das war alles machbar. Handy- und Laptopgebrauch offensichtlich nicht – denn da ruht alles.

Schwieriger war es wohl, der überÜBERÜBERgroßen Fülle in den Kleiderschränken Herr zu werden. Zum Glück waren umliegende Sozialläden bis zu einem gewissen Grad bereit, prall mit Kleidung gefüllte blaue Müllsäcke anzunehmen. Ich weiß nicht, wie viele Male sein großes Auto – den Kofferraum prall gefüllt mit Säcken – diese Wege gefahren ist.

Über alles, was er nicht dort anonym abgeben musste, freute er sich wie ein Schneekönig. Seine Frau trug eine XL oder 48 und war gerade man 1,58 groß. Er „flehte“ mich fast auf Knien an, mir doch was auszusuchen – und ich habe es gemacht.

Eine zuerst ausgesuchte rote Jacke mit allem Komfort, die mir aber reettungslos zu groß war, landete gleich in der Spendensendung für die Erdbebenopfer. Ich glaube, ich habe mir noch nie so eine gute Jacke gekauft, also habe ich damit nichts falsch gemacht. – Wenn ich weiter so um mich herum nasche habe ich mich fast in die Sachen hineingefuttert. Aber jetzt ist ja erst mal Fastenzeit. Ich mache es nicht der Kirche zuliebe, sondern für mich – ich will es durchhalten, bis Ostern keine Süßigkeiten zu essen.

Eine blaue Weste konnte ich gebrauchen – und sie wurde das erste Kleidungsstück, dass ich unfachmännischfrauisch mit der Maschine enger genäht habe. Sie so aufzutrennen, dass ich Ober- und Futterstoff hätte getrennt enger nähen können, dazu fehlten mir Lust und Zeit. (und wenn jetzt die Mitschülerin aus Görlitz irgendwelche Häme über mich ausschütten will, dann höre ich einfach nicht hin – ich hätte sehr wohl gewusst, wie es sein müsste – aber sooooooooooo dringend brauchte ich dann diese Weste doch nicht 🙂 😉

(Ich habe das Foto extra so stark verkleinert, damit man den Pfusch nicht so gut sehen kann.)

Aber wenn man sie nicht von innen, sondern nur von außen sieht, machen sie und ich einen ganz guten Eindruck. Die Bilder an der Wand sind passend auch in blau aufgetreten 🙂 😉

In Bezug auf die Näherei war ich ganz stolz, dass ich ohne Bedienungsanleitung eine Spule mit weißem Garn aufspulen konnte. Zuerst bewegte sich der eine Knopf nicht, der das Nähwerk ruhig stellt – aber gutes Nähmaschinenöl schafft ALLES-

Ich habe mir noch eine zweite Weste ausgesucht, aber die kann man ganz perfekt mit einem eingebauten Kordelzug enger machen.

R. hat offensichtlich rot geliebt. Die verschenkte rote Jacke erwähnte ich oben, diese Weste ist zwischen rot und pink, aber die nächste samtige Sommerjacke ist rot, roter, am rotesten – aber das ist auch in Ordnung.

Ich bin ja kein „Markenmensch“, kenne kaum die bekanntesten und wollte jetzt mal nachsehen, ob ich dann im Sommer etwas Edles trage, weil der Markenname hier so groß eingenäht ist. Aber den richtigen Reibach habe ich wohl damit doch nicht gemacht.

Die nächste Jacke ist ebenfalls was für den Sommer – und die sagte mir natürlich gleich und sofort zu, sie war auch nur weniges zu groß. Wenn ich mich weiter so viel am Computer aufhalte und nicht spazierend in der Natur, dann werde ich das notwendige Gewicht zum Füllen der Kleidungsstücke schon noch erreichen – hoffentlich nicht!

Aber was eile ich der Zeit so voraus – wir haben schließlich immer noch kühle Tage, zumindest, als ich den Artikel fertig gestellt habe. Auch dafür ist mehr als reichlich gesorgt. Die erste längere Jacke ist sehr gut verarbeitet, aber das Anziehen nimmt einige Zeit in Anspruch, da der Reißverschluss zwar schnell geht, aber die sieben Knöpfe so ihre Zeit brauchen, ehe sie alle geschlossen sind. – Aber jetzt ist genug Kleidung besprochen.

 

So lobend ich hier über die letzten beiden Sachen geschrieben habe, werde ich sie doch verschenken, denn mir fehlen mindestens 20 kg Lebendgewicht, um dort richtig hinein zu passen und auszusehen.


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4 RBB-Projekt U-Bahnhöfe: Alt-Tempelhof – Platz 30

Wenn es allein nach der Schönheit des eigentlichen U-Bahnhofs gegangen wäre, hätte ICH den Bahnhof auf Platz 60 gesetzt. Aber offenbar wird die unmittelbare Umgebung in die Bewertung einbezogen, aber auch bei RBB ist er ja NUR auf dem letzten Platz gelandet.

Hässlich – aber notwendig, denn sonst wüssten ja Leute wie ich nicht, wenn sie die Stationsansagen nicht immer verstehen, wo sie sind und wo sie aussteigen wollen. Fast immer gibt es an den kleinen „Fernsehern“ im Gang die genauen Anzeigen, aber die sind oft defekt.

Und das ist für die Damen, die ihr Outfit nochmal kurz kontrollieren wollen.

Ich kam die Treppe hoch und stand auf dem viel befahrenen, hässlichen  Tempelhofer Damm. Nach paar Schritten kamen mir die Schaufenster von Berlins bekanntestem Bestatter Hahn vor die Kamera. Was er zu Seebestattungen zeigte, gefiel mir, obwohl ich mir das nie für mich wünschen würde – ich bin nicht so der Kaltwassertyp.

Von den anderen Ascheaufbewahrungsgefäßen fand ich manche ganz hübsch, andere wieder gar nicht. Preise hatte er wohlweislich keine daran stehen. Ich kann mich noch bei meiner Mutter erinnern, dass ich schockiert war über den Preis einer relativ einfachen Urne.

Obwohl der Person, die tot ist und eingeäschert wird, das Aussehen der Urne wahrscheinlich mehr als egal ist.

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2068 – Abschied

Anfang 2067 war es so weit – das Kind von Felicitas und Maximilian signalisierte deutlich: „Ich bin ein Star, holt mich hier raus!“ Die Mutter war froh, denn allmählich wurde es ihr zu beschwerlich, immer so eine Kugel vor sich herzuschieben. Der Vater wollte endlich definitiv wissen, ob sich die Ärzte mit ihrer „Maskulin-Prognose“ auch nicht geirrt hatten und Cora wollte endlich von ihren Klassenkameraden beneidet oder bedauert werden, dass sie jetzt so eine kleine Blage in der Wohnung oder sogar am Hals hatte.

Es ging alles glatt. Ihre Mutter hatte am Telefon voller Freude gesagt: „Feli, so ist das im Leben, ein Leben kommt, ein Leben geht. Doch ganz so weit ist es bei mir noch nicht, der Befund sieht so aus, als wenn ich noch ein Jahr lang meinen Enkel werde aufwachsen sehen. Wie heißt er denn übrigens?“

Als Felicitas sagte: „Felix the second“, musste ihre Mutter schallend lachen. Felix als Namen konnte sie voll und ganz verstehen, denn ihre Tochter hing an ihrem Patenonkel wie mit Pech und Schwefel angeklebt. Sicher war es auch nicht schwer, Maximilian und Cora von dieser Namenswahl zu überzeugen, denn der ältere Felix hatte sich immer ins Familiengeschehen eingeklinkt, wenn er gebraucht wurde. Sie bemerkte nur noch: „‘the second‘ meint ihr aber nicht ernst, oder bekommt euer Sohn eine römische 2 hinter seinen Namen?“ – Da Mutter und Tochter immer über Videotelefonie in Verbindung standen, sah die Mutter das typische Grinsen auf dem Gesicht ihrer Tochter und wusste Bescheid.

Felicitas, die jetzt im Mutterurlaub ist, reist so oft wie möglich nach Berlin, um sich mit ihrer Mutter zu unterhalten und mit dem Vater einiges zu organisieren. Anna ist von Felix II hellauf begeistert: Er schrie wenig, trank wie ein Weltmeister, schlief sehr viel und lachte ganz zeitig über das ganze Gesicht, wenn sich Anna über ihn beugte. – Fast hätte sie es bereut, dass sie sich nicht noch einige Lebenswochen „erkauft“ hat, doch diese Gedanken waren schnell wieder vorüber.

Eines Tages kamen die Eltern von Felicitas mit dem Vorschlag, dass sie gern ihr Haus an ihre Tochter samt Familie übergeben würden. Anno wollte nach dem Tod von Anna auf keinen Fall länger in diesen Wänden wohnen bleiben, die so viele Erinnerungen für ihn bargen. Eine kleine Wohnung in ruhiger Lage war ihm schon versprochen worden.

Für Maximilian würde ein Institutswechsel nicht das größte Problem darstellen, Cora hätte sicher auch nichts dagegen, in die Hauptstadt zu ziehen – also war es an Felicitas, ob sie sich mit über 40 Jahren diesen Wechsel vorstellen könnte. Sie war ja inzwischen ins Lehrfach gegangen, so dass sie garantiert eine Schule finden würde, die eine sehr engagierte Mathematik- und Physiklehrerin suchen. Doch suchten auch die Berliner Schüler eine Lehrerin, die sehr streng ist und unnachgiebig auf Leistung pocht??? – Sie versprach, darüber nachzudenken.

Beim nächsten Besuch sagte sie zu – doch alles sollte natürlich erst über die Bühne gehen, wenn Anna nicht mehr lebt. Deswegen wurden solche Sachen auch nur mit dem Vater in der Küche besprochen, so dass Anna nicht lauschen konnte.

Felicitas fuhr auch ab und an bei ihrem Bruder in Brandenburg vorbei, um zu sehen, wie sich ihr Neffe Jannis so entwickelt. Er war wirklich das putzigste und lustigste Kind, das sie kannte. Fast in der „Prärie“ aufzuwachsen, auf Hund oder Pferd abwechselnd seine Reitkünste zu trainieren – kaum ein Kind hatte mehr Freiheiten. Die Steinmetzfiguren seiner Eltern waren oft imaginäre Spiel- und Phantasiepersonen für ihn. Einfach prächtig!!!!

Im Sommer 2068 trat dann das ein, womit alle schon längere Zeit gerechnet hatten, denn Anna war nur noch ein Schatten ihrer selbst. – Als Claudia das Familienzepter abgegeben hatte, war Anna mit Leib und Seele in diese Rolle geschlüpft – doch jetzt gab sie es weiter an ihre Tochter Felicitas, die es mit Tränen in den Augen annahm. Es war zwar kein richtiges Zepter – schließlich sind wir hier nicht bei den Royals – sondern es war ein handgeschriebenes Buch „geheimer“ Familienrezepte. Weil Rezepte und Zepter ja so ähnlich klingen, hatte Benno mal als ganz kleiner Junge das Zepter, von dem er immer hörte, haben wollen, um ein richtiger König zu sein. Seit dieser Zeit nannten es alle so.

Felicitas war zwar nicht die größte Köchin vor dem Herrn, stattdessen gestattete sie später ganz großzügig ihrem Mann, dass er das Buch ebenfalls benutzen dürfe, um danach zum Beispiel die berühmten Domini-Pfefferkuchen zu backen, von denen ganze Generationen schwärmen.

Der 5jährige Jannis, der als einziger „Mann“ in der Familie auf lange Haare stand, schmückte das Grab seiner beiden Omas –Anna war seine Oma und Claudia, die er nicht mehr kannte, seine Uroma. Da alle mit Uropa Johannis an einer Stelle lagen, ließ er sich zeigen, wie er mit Kastanien OMA oder UROMA schreiben soll. Und mit der größten Inbrunst legte er um alles ein großes Kastanienherz zum Abschied.

Außer dem Schmerz um den Verlust seiner Frau quälte Anno aber noch etwas ganz anderes, nämlich der Ärger über idiotische Nachbarn. Wer es genau gewesen ist, der das Gerücht aufgebracht hatte, Anna hätte in ihrem Schmerz und in ihrer Not ihren Tod durch eine Überdosis Morphium selbst herbeibeigeführt, wusste er nicht – doch gleich nach dem Tod hörte er überall das Getuschel: „Frau Domini hat sich das Leben genommen. Frau Domini hat ihr Leben nicht mehr ausgehalten, vielleicht hat er ja eine andere …“ usw. usf. Anna war mit ihrer Diagnose natürlich nicht hausieren gegangen – und Menschen sind ja so unglaublich schlechte Beobachter. – Jedenfalls war das Gerücht der Versicherung zu Ohren gekommen und die hatten natürlich erst einmal „Stopp“ gesagt. Anna wurde tagelang in der Gerichtsmedizin untersucht, bis zweifelsfrei festgestellt werden konnte, dass die eingenommene Dosis tatsächlich an die vorhandenen Schmerzen angepasst war. – Der Tod war einfach irgendwann gnädig – nur die Nachbarn waren das nicht. Anno hatte in einem Musikbuch seines Urgroßvaters mal ein Lied gefunden, dass ihm jetzt sofort in den Kopf kam und er es etwas für sich abänderte: „Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es den blöden Nachbarn nicht gefällt!“ – In den nächsten Tagen konnte er beobachten, wer einen Bogen machte oder auf die andere Straßenseite ging, wenn er kam – einigte sich dann aber mit sich selbst, dass Dummheit einfach durch Missachtung gestraft werden sollte.


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Heute hättest du Geburtstag …

… wenn du noch Geburtstage feiern könntest.

Ich habe ihn keineswegs vergessen, wenn auch mein Artikel dazu erst später kommt. Wenn ich schon keinen Kuchen backen muss, dann habe ich dir wenigstens eine neue Herz-Gedenk-Ecke in meinem Regal eingerichtet. In meinem Herzen muss ich das nicht, da ist noch nichts verstaubt.

Dein Segelboot, mit dem wir so viele Sachen auf der Alster erlebt haben, hieß „Einer geht noch …“ und das gibt es jetzt für deine Seefahrerseele bei mir. Der Leuchtturm ist zwar hauptsächlich für Luzie, da du jedoch solche Leuchtfeuer bei euren großen Touren sehr geschätzt hast, ist er auch ein wenig für dich.

Am Steuer deines Bootes in der Jenseitswelt steht ein Schutzengel, die Fracht ist ein großes Herz und ein kleiner goldener Krebs.