Claras Allerleiweltsgedanken

Großeltern „stürmen“ das Potsdamer Parlament! (1)

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Vorgeplauder

Nach meinem Empfinden ist Potsdam die schönste Nachbarstadt, die Berlin hat, auf jeden Fall ist es die nächstgelegene. Zusätzlich ist Potsdam sehr kulturintensiv, mit historischschwangeren Parks ausgestattet und vor allem vielvielvielviel sauberer als Berlin.

  • Berlin hatte mal ein Schloss und Potsdam hatte auch.
  • Das Berliner Schloss wurde im Krieg zerstört und dem Potsdamer Schloss erging es im April 1945 nach einem britischen Luftangriff ebenso. Allerdings war es so, dass von den Außenmauern vieles stehen geblieben war, was man hätte durchaus für einen Wiederaufbau verwenden können.
  • Die DDR-Regierung sah sich berechtigt, die Überreste des Berliner Schlosses wegzuräumen und stattdessen einen „DDR-Palast“ hinzubauen – nämlich den Palast der Republik, ein unter der Bevölkerung (sehr) beliebtes Gebäude, da es sehr vielseitig ausgestattet war und die Gastronomiepreise äußerst günstig waren
  • Der Potsdamer Bevölkerung wurde ein ähnliches Schicksal zugemutet -1959/60 mussten die Reste weg, nur etwas Neues kam lange nicht hin, so dass die Stadtmitte mit dem Alten Markt 25 Jahre lang ziemlich verwaist aussah. Gegen den Abriss hatten nicht nur Künstler und Architekten erfolglos protestiert, auch große Teile der Potsdamer. Zum Glück wurden Kleinteile gerettet.
  • Damit die Potsdamer auch schnell ihr Schloss „vergessen“, wurden Straßen über diesen ehemaligen Platz gezogen und eine riesige Kreuzung sollte den Fortschritt des Verkehrs darstellen.
  • Große Teile der Berliner Bevölkerung wollten unbedingt ihr Schloss wiederhaben und spendeten wohl auch ziemlich viel Geld dafür. Und sie bekamen ihren Willen – 2019 soll es fertig werden, das neue Berliner Stadtschloss. Da wir aber weder Kaiser noch König haben, sondern nur eine Dauerlandesfürstin, die aber schon einen anderen Arbeitssitz hat, wird das Innenleben nicht königlichfürstlich eingerichtet, sondern als Humboldt-Forum den heutigen Gegebenheiten angepasst.
  • Nachdem das Potsdamer Parlament von diesem zu jenem Ort umgezogen war und weil von engagierten Potsdamern und Vereinen ein wichtiger Teil des Schlosses – nämlich das Fortunaportal schon 2002 neu aufgebaut war, wurde 2005 beschlossen, das Schloss nach historischem äußeren Vorbild aufzubauen, drin aber ein modernes Funktionsgebäude mit Sitz für das Parlament zu bauen. Ich mag ja den „Wer wird …… reich-Moderator G.J. sehr, und deswegen schreibe ich hier auch, dass er mit viel Geld geholfen hat, dass wieder aufgebaut werden konnte.
  • Es wurde lange intensiv diskutiert, ob und wo und wie historisch das Schloss aufgebaut werden sollte. Eine Stiftung spendete 20 Millionen Euro – allerdings mit der Auflage, das Schloss so historisch wie möglich in der Außenfassade an gleicher Stelle aufzubauen.
  • Der Architekt Prof. Peter Kulka und sein Team erhielten den Zuschlag für den Wiederaufbau.
  • Obwohl 2005 schon beschlossen, verzögerte sich der Baubeginn noch ein wenig. Doch am 10. Oktober 2013 konnte nach 3,5 Jahren Bauzeit der Bau an den Landtagspräsidenten übergeben werden. Anders als bei manchen Ewig-Dauer-Baustellen konnte das Parlament tatsächlich im Dezember 2013 seine Arbeit aufnehmen.

So ein ähnliches Schicksal – das müssen doch Schwesternstädte sein. 🙂

Und warum erzähle ich euch das hier lang und breit? Weil der Großelterndienst Berlin zu einer Besichtigung des Landtages in Potsdam eingeladen hat – also diese Veranstaltung geplant hat. Mein Motto ist: „Dümmer werde ich von allein – also sollte ich was dagegen tun, wenn ich kann.“

Doch jetzt heißt es: „Grau, teurer Freund, ist alle Theorie und grün des Lebens goldener Baum“ Mit einigen Fotos will ich die Sache auflockern.

Wenn man an der Fassade entlang läuft, kann man einen großen goldenen Schriftzug lesen: Ceci n’est pas un chateau — Annette Paul hat diesen Schriftzug entworfen und anbringen lassen. Er ist Ergebnis aus dem Wettbewerb „Kunst am Bau“. Da ich den Schriftzug nicht fotografiert hatte, Mallybeau aber danach gefragt hat, habe ich ihn einfach aus einer Broschüre abfotografiert. Das Originalfoto ist von Stefan Gloede.)

700 m oder zwei Haltestellen mit der Straßenbahn vom Hauptbahnhof ist man schon beim „Schloss“.

Vor diesem (schlecht fotografierten) Schild am Fortunaportal steht man, bevor man in den Innenhof geht. Ich war nur erstaunt, dass auch hier die Aufschriften zusätzlich in sorbisch sind.

Das Fortunaportal mit seiner goldenen Fortuna auf der Turmspitze. Gleich daneben ragt die goldene Figur des Atlas in die Luft, der an der Weltkugel schwer zu tragen hat. Der Kugelträger schmückt den Rathausturm. Und die goldene Spitze von St. Nikolai mit ihrem Kreuz verstärkt den Eindruck, dass Potsdam eine goldene Stadt ist.

Diese beiden „Pavillons“ auf dem oberen und unteren Foto nennen sich „Zugabe“ und stehen im großen Innenhof des „Landtagschlosses“. Sie wurden vom Kölner Künstler Florian Dombois entwickelt und gefertigt. Es sind illusionistische Pavillons, die sich auf das Schloss Sanssouci beziehen. Der 2011 ausgelobte Wettbewerb hieß „Kunst am Bau“ – Leute aus der DDR kennen das als bekanntes Motto.

Die Pavillons bestehen aus zwei gekreuzten und beklebten starken Platten.

Und wenn man ins Innere des Landtagschlosses will, muss man hier einfach weitergehen. Eine automatisch gesteuerte Glastür schützt das Personal vor zu viel Kälte und mich dann auch, denn ich bin leichtsinnig ohne Mütze und Handschuhe gestartet – und das bei etlichen Minusgraden.

Von der Dachterrasse im Inneren des Hauses gibt es einen wundervollen Ausblick auf die imposante St. Nikolaikirche und das Rathaus mit Weltkugelträger.

Und jetzt verabschiede ich mich bis zur Fortsetzung, denn über das eigentliche Parlament möchte ich auch noch einiges erzählen.

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Dieser Artikel ist ca. 400 Wörter über meiner sonstigen Wunschwortzahl – aber da heute Weltfrauentag ist, bekomme ich diese 400 Mehrwörter geschenkt. 🙂

Autor: Clara Himmelhoch

Auf meinem PR = purple Roller fahre ich durch die Bloggerwelt und mache PR = Public Relation. In meinem Gepäck habe ich fast täglich eine "Überraschung" für meine LeserInnen. Hausfrauentipps und -tricks als auch Koch- und Backrezepte müsst ihr wo anders suchen.

29 Kommentare zu “Großeltern „stürmen“ das Potsdamer Parlament! (1)

  1. Meine alte Mühlenfreundin ist öfter mal in Potsdam. Nach Genuss Deiner kundigen Reportage kann ich mich besser mit ihr unterhalten! Es soll da auch ein Villenviertel geben, wo ein gewisser Herr Jauch wohnt, dabei dachte ich, er wäre Winzer im Saarland – aber dieserart Leute können schließlich überall sein.

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    • In Potsdam gibt es nach meinem Eindruck sehr viele Villenviertel. Die Adresse von Günther Jauch wird wohl nicht so einfach im Internet zu finden sein – ich will sie auch gar nicht so genau wissen. Nicht wegen seines Geldes, aber wegen seines Humors und wegen der zwei adoptierten russischen Töchter wäre er mir als Schwiegersohn höchst willkommen gewesen – aber das wäre ja wie ein Siebener im Lotto.
      Du kannst ja noch den nächsten Artikel zu dem Thema abwarten, dann bist du gut informiert 🙂

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  2. stimmt, potsdam ist ein echtes schatzkästchen. mir hat immer das holländische viertel sehr gut gefallen. in den neunziger bin ich dort häufig gewesen weil ein freund von mir an dessen restaurierung beteiligt war. aber so ein paralmentsbesuch scheint auch sehr spannend zu sein. du hast übrigens tolle bilder gemacht – sowas gelingt mir aufgrund meiner sehbehinderung nicht ganz so gut…
    beste grüße von peter

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    • Peter, entschuldige, ich musste dich erst befreien. Warum du – obwohl du schon so einige Kommentare zu meiner Freude hier gelassen hast, dennoch in das finstere Spamgefängnis gesteckt wurdest, weiß ich nicht. An dem Text ist doch staaatspolitisch nichts zu deuteln 🙂 🙂
      Wenn es nicht so umständlich wäre, sich zu einer Parlamentssitzung als Zuhörer einzutragen, würde ich das ja vielleicht machen. Sie sind auf ziemlich viele Behinderungen eingestellt – doch ob ich bei mir eine „Hörschleife oder wie das heißt) nutzen könnte, weiß ich nicht. Und ohne was richtig zu verstehen, muss ich nicht hingehen.
      Danke für das Fotokompliment. Ein wenig helfe ich mit Bearbeitung nach – beschneiden, aufhellen, abdunkeln – aber ich habe einen ganz simplen kleinen Fotoapparat ohne viel Schnickschnack – und vor allem fotografiere ich ausschließlich per Automatik.
      Im Spam ist sonst wirklich nur Mist – du bist seit Wochen wieder mal jemand, der als „Mensch“ dort eingesperrt wurde.
      Lieben Gruß zu dir

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  3. Liebe Clara!

    Beim Anblick dieser imposanten Bauwerke komme ich mir beinahe ein wenig wie im Märchen vor. Alles wunderbar rausgeputzt aber scheinbar gar nicht so viel los dort.
    Hast Du die Worte Ceci n’est pas un chateau auch fotografiert? Der von Magritte abgewandelte Spruch wird ja jetzt wirklich für alles „misshandelt“, wo noch ein bißchen „Kunst“ von Nöten ist.
    Sind die Illusionspavillions aus Stein? Oder Hartholz? Bemalt oder bedruckt? Das wäre auch ein praktischer Aufsteller für den Garten 🙂
    Ich bin schon gespannt auf die Fortsetzung….

    Liebe sonnige Grüße
    Mallybeau

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    • Hallo, meine Liebe – jetzt hast du mich erst mal eine Weile beschäftigt. – Den goldenen Schriftzug hatte ich natürlich NICHT fotografiert – ich ging achtlos an ihm vorüber. Doch jetzt habe ich ihn extra für dich – wie auch erwähnt – aus einer Broschüre abfotografiert und in den Text gesetzt – da bleibt dir jetzt nichts anderes übrig, also noch einmal dir das Original anzusehen.
      Zu den beiden Pavillons von Florian Dombois kann ich folgendes abschreiben:
      „Material der 2 Skulpturen: Ständerwerk mit Aluminiumsplatten beplankt und von Hand bemalt, Natursteinboden (Postaer Bildhauersandstein“
      Als praktische Aufsteller für den Garten hätten sie lediglich den Nachteil, dass sich keiner bei solch einem Regen wie jetzt gerade in den Pavillon flüchten könne und dein geliebter Tee müsste auch im Stehen getrunken werden.
      Du mit deiner riesengroßen Phantasie kannst du bestimmt etwas praktisch Nutzbares entwickeln – Kunst ist ja ganz schön, aber bequem sitzen können ist manchmal schöner.
      An der Fortsetzung arbeite ich noch.
      Lieb grüßt die Clara

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      • Wow, die Antwort kam ja mal wieder ganz flott. Vielen Dank. Und Dein Spruch mit dem sitzen ist es gerade wert, auch an einer Hauswand angebracht zu werden 🙂

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        • Meinst du diese Worte: „Kunst ist ja ganz schön, aber bequem sitzen können ist manchmal schöner.“ Das kommt dich aber sehr teuer, so viele Buchstaben anzubringen – zumindest, wenn du den gleichen Weg wie Annette Paul beschreitest. – Weil du es bist, scanne ich jetzt das Datenblatt zu den Buchstaben ein und schicke es dir als Mail. Ich finde die Prozedur unheimlich aufwändig.
          Also bis bald und schau vielleicht mal in deine Mails – vielleicht so in einer Stunde.
          Lieben Gruß

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          • Ja den Satz habe ich gemeint. Allerdings wage ich mich dann doch nicht an die Kunst-am-Bau-Arbeiten, bevor ich Ärger mit der Hausbesitzerin kriege 🙂 Aber an einer Stuhllehne ließen sich diese Worte ja auch anbringen ….

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            • Du hast recht – an diesen leicht gebogenen Holzlehnen sähe das prächtig und lustig aus.
              Mail gesichtet?

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            • Jawoll. Vielen Dank. Soeben gelesen. Da wird ja wirklich ganz ausführlich geschildert, wie die Buchstaben kreiert wurden. Damit es sich auch nach was anhört und auch WIRKLICH als Kunst zu verstehen ist. Man könnte es ja sonst für einen banalen Schriftzug halten 🙂

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            • Kann das sein, dass ich da eine ganz leichte Ironie heraushöre, die schon einen Anflug von Bissigkeit hat? – Aber das musst du hier nicht erklären, das kannst du für dich so halten.

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            • Na klar war das ironisch gemeint 🙂 Ich kenne derlei Kunstobjekt-Beschreibungen zur Genüge und finde es meist leicht durchschaubar und manchmal auch echt peinlich. Aber so ist das halt, wenn man mal einen Blick hinter die Kulissen von all diesen Abläufen geworfen hat 🙂

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            • Vielleicht wollte nicht Annette Paul diese detaillierte Beschreibung, sondern die Verfasser der Broschüre „Kunst am Bau für den Landtag Brandenburg“

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            • Na klar, ist gut möglich. So oder so, ich muss schmunzeln … 🙂

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        • Ist um 11:50 abgeschickt – und ich kann alles drauf lesen – du hoffentlich auch.

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  4. Der Vergleich ist leider etwas wortreich ausgefallen.
    Ich grüße dich mit Morgen Worten zurück

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    • Danke, lieber lu. Im Normalfall halte ich mich an die 500 Worte- Grenze, aber manchmal weiß ich einfach zu viel bzw schreibe natürlich zu viel.

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    • Lu, ich habe jetzt die Erklärung oder Entschuldigung unter den Text gesetzt: Ich habe zum Weltfrauentag 400 Wörter geschenkt bekommen, da Frauen ja meist mehr reden – es gibt aber auch Ausnahmen 🙂 😉

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  5. Ich würde Potsdam auch jederzeit vorziehen! 🙂

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    • Doch das hätte ich mir ein paar Jahre eher einfallen lassen müssen, jetzt werde ich wohl Berlin bis zum Ende meiner Tage aushalten müssen.

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