Claras Allerleiweltsgedanken


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Mitleid ja? … Mitleid nein? Mitgefühl???

Ganze Zeitungsseiten, Medienberichte und anderes beschäftigen sich zur Zeit mit dem ZDF, der Samstagsveranstaltung und mit der Aussage: „ZDF-Wettkandidat bleibt gelähmt!“

Ich weiß nicht so recht, wie ich meinen Post anfangen soll, ohne als absolut herz- und gefühllos dazustehen. So traurig es für den jungen Mann ist, kann ich jedoch kein echtes Mitgefühl oder gar Mitleid aufbringen. Das Sprichwort „Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um“ kennt ja wohl jeder.Vielleicht hat sich der Verletzte, als ihm sein Zustand nach dem Erwachen aus dem künstlichen Koma klar wurde, sogar gewünscht, dass genau der zweite Teil des Satzes mit ihm passiert wäre. Jetzt muss er sich mit der Perspektive anfreunden, ein Leben im Rollstuhl zuzubringen und ständig auf fremde Hilfe angewiesen zu sein. –

Als junge Physiotherapeutin behandelte ich einen 17jährigen, der per Kopfsprung in ein unbekanntes Wasser gesprungen war und sich von diesem Moment an unterhalb des Kopfes kaum noch bewegen konnte. In seinem bedauernswerten Zustand wäre ihm – dreist wenn er es gewollt hätte – die Durchführung eines Suizids nicht mehr möglich gewesen. – Meine Behandlung bestand sehr oft nur in Gesprächen, denn ich war nur unwesentlich älter als er und hätte mir ein solches Schicksal nicht vorstellen mögen. – Leider weiß ich nicht, was aus ihm geworden ist. – Doch ich erinnere mich noch gut, wie er mit seinem Schicksal gehadert hat und lieber bei dem Unfall gestorben wäre.

Doch zurück zu dem anfangs erwähnten Verunglückten. Mit 23 und einer beabsichtigten Stuntman-Karriere müsste Gefahrenbewusstsein durchaus vorhanden und entwickelt gewesen sein.

So hartherzig es sich anhören mag, auch beim eigenen Sohn würde ich ähnlich reagieren – allerdings hätte ich tage-, wochen-, monatelang vorher in der Trainingsphase versucht, ihm diesen Wahnwitz auszureden – doch Söhne sind oft beratungsresistent, der Himmelhochsche macht da keine Ausnahme.Beim Zusammenprall zweier  „Wasserski-Motorräder = Jetski“ saß er auf einem drauf und fand sich kurz danach bewusstlos im Wasser wieder – aber sein Schutzengel hat bisher noch immer funktioniert – Leser mit Leseerfahrungen kennen ja schon einige gefährliche Situationen mit ihm.

Ein Unglück, das zufällig aus etwas überhöhter Risikobereitschaft passiert, ist etwas anderes, doch für Fassaden-Senkrecht-Kletterei, Bungeespringen, S-Bahn-Surfen und anderen Sch… habe ich Null Verständnis, eigentlich noch weniger als Null. Schon Paragliding, Tauchen, Bergsteigen, Klettern, Fliegen, Segelspringen, Snowboarden, Wellenreiten und was es so alles gibt, um sich von einem gesunden Menschen innerhalb von Minuten in einen Behinderten oder einen Toten zu verwandeln, begucke ich mit einer gewissen Skepsis. Nicht umsonst nehmen das viele Unfallversicherungen aus ihrem Leistungskatalog raus.

Doch ich schwofte ab, ich wollte ja beim ZDF bleiben. Was wird die Hauptmotivaton des jungen Mannes und des beteiligten Vaters gewesen sein? Ruhm? Ehre? Geld? Ehrgeiz? Gemisch aus allem? Wollte der Autohüpfer Wettkönig werden? Wollten die beiden ihre eigenen Nerven kitzeln oder die der Zuschauer?

Meine Hochachtung, mein Mitgefühl oder mein Mitleid haben Personen, die im Dienst für andere verunglücken oder ums Leben kommen.

  • Feuerwehrleute – und es muss nicht ganz so tragisch sein wie beim Einsatz am 11. September in NewYork
  • Bomben- und Mienenentschärfer, die ihr Leben riskieren, damit andere wieder in ihre Wohnumgebung zurückkehren können
  • Bergleute, die auf diesen Broterwerb angewiesen sind
  • Piloten, die manchmal trotz des Einsatzes all ihres Könnens einen Absturz nicht verhindern können

und

  • Angestellte der deutschen Bahn, die mit ihrer Körperwärme und all ihrer Berufsliebe eine zugefrorene Weiche persönlich auftauen müssen, damit 1000de Arbeitswillige früh genug an ihre Wirkungsstätte oder zum Training für „Wetten dass“ zurecht kommen.