Sie, die Clara, kann deswegen so frohgemut sein, weil doch wenigstens ihre einzige Voraussage eingetroffen ist: Ich habe gesagt, gegen Uruguay gewinnen wir. Dabei habe ich gleich zu Beginn einen Riesenschreck bekommen, nämlich als ich sah, dass die Jungens in schwarz auflaufen – das ist doch nun wirklich keine optimistische Farbe. Ich hatte doch beim weiß verhüllten Hochzeitsauto gesagt: „In Trikotfarbe“. Aber bitte, wir sind ja Gentleman, sollen doch die anderen in ihren gewohnten hellblauen Trikots spielen, es wird ihnen nichts nützen.
Dann kam der nächste Schreck, brav einer nach dem anderen: Die „halbe“ Mannschaft ist krank, Neulinge müssen zum Einsatz kommen, der Torwart ist verletzt, der Jogi hat den R… an der Backe. Was soll das bloß werden?
Am Anfang des Spiels war ich mir dann plötzlich nicht mehr so sicher, dass wir gewinnen. Ich hörte die fröhliche, fast zum Tanzen anregende Nationalhymne von Urug. und fand sie aufmunternd, anregend, animierend – nicht nur für die Spieler – ich hatte den Eindruck, für das halbe Stadion auch.
Und dann begannen getragene Klänge aus den Lautsprechern zu spielen. Ich, die ich den Spielanfang immer versäumt hatte und somit schon lange nicht mehr unsere Hymne gehört hatte, erschrak mächtig. „Wie, ist einer in der Mannschaft schwer erkrankt, gar schlimmeres, dass so ein Trauerlied gespielt wird?“ – das ging mir durch den Kopf.
Die Hymne mag ja für wichtige Staatsanlässe gut sein – zur Motivation für unsere Fußballspieler, die kampfstark und schnell sein müssen, taugt sie definitiv nichts.
Nach paar Minuten gab es deutsche Führung, die leider bald wieder nivelliert wurde. Vor lauter Spannung bei der Gluthitze musste Clara erst mal Getränke fassen gehen. Es kann mir nichts entgehen, da ich grundsätzlich mit schnurlosen Kopfhörern „guckhöre“. Es kann also kein Tor versehentlich in die Kanalisation gespieült werden.
Plötzlich Bewegung unter meinen schwarzen Ohrpolstern, die Stimme des Moderators wird immer lauter und er lobt, und er lobt, und er lobt – allerdings Forlan, den Klassespieler aus der falschen Mannschaft, die hellblauen hatten den Führungstreffer erzielt. Etwas mehr Zurückhaltung und weniger Lob wäre schon anagebracht – ich wunderte mich nur, warum es vor dem Balkon keine Knaller gab. Aber zuguterletzt ging ja alles nach Plan.
Und hier könnt ihr sehen, dass Clara an dem Sieg maßgeblich mitgearbeitet hat – durch Aussitzen.
**************
In einigen Stunden ist es also zu Ende und alle sind wir auf jeden Fall klüger als zuvor, aber viele Fußballbegeisterte sind weniger glücklich, als sie am Ende des Turniers sein wollten.
Der eine Ball des spanischen Spielers ???, den unser Torwart hinter sich aus dem Netz fischen musste, hat sehr, sehr vielen die Suppe verhagelt. Es ist nicht so einfach, unter diesem Erwartungsdruck der Millionen auf der Straße auch punktgenau zwischen 20.30 und 22.18 Uhr die erwartete Leistung zu bringen.
Vielleicht hätte mal der jetzige Kapitän erst nach der Weltmeisterschaft die Diskussion um die blaue Binde anfangen sollen. Vielleicht hat das Emotionen aufgeworfen, die im Titelkampf nicht angebracht waren.
Wenn ihr hier guckt, dann könnt ihr sehen:
Clara, die Chauffeuse, fährt in diesem schönen Gefährt am Sonntag gegen 20.15 Uhr (zum rechtzeitigen Absingen der beiderseitigen Nationalgesänge) den spanischen Ritter (nicht nur von Real Madrid) und das niederländische Königsfräulein zum Traualtar auf dem grünen Rasen.
Verscherzt es euch nicht allzusehr mit Spanien, sonst machen die die Mittelmeerküste für deutsche Touristen dicht!